Wattwanderung auf der Insel Föhr
Deutschland

Von Dagebüll nach Föhr: Wattwandern an der Nordsee

Lüften und Sicherheitsabstand inklusive: Bei Ebbe können Wanderer vom Festland nach Föhr gehen. Wetter und Wasser haben aber das letzte Wort.

Schafe spazieren über den Deich. Dahinter erstrecken sich Salzwiesen, auf denen weitere Schafe am Grün zupfen, das Watt und eine Silhouette am Horizont: Föhr. Dorthin wollen wir. Zu Fuß. Zehn Kilometer über den von der Ebbe freigelegten Meeresboden, die längste Wattwanderstrecke an der deutschen Nordsee. Am Morgen hatte das Wetter noch alles infrage gestellt. Regen peitschte gegen Fenster, der Wind heulte. Doch schnell kehrte die Sonne zurück. Nur bei anhaltendem Regen, starkem Wind und Nebel wird das Wattwandern abgesagt. Jetzt war die Prognose günstig, und Wattführerin Regina Matthiesen aus Husum entschied zu gehen. Auf dem Hunwerthusumer Deich erklärt sie: „Heute ist um 11.42 Uhr Niedrigwasser. Ab da läuft das Wasser sechs Stunden lang über die Priele zurück.“ Jetzt ist es kurz vor zehn. Sieben Priele müssen wir queren, darunter der „böse Priel“, bei dem man nie wisse, wie viel Wasser darin steht. Aber auch der „schöne Priel“ erwartet uns – erst kurz vor dem Ziel.

Im Deich neben ihr steckt ein Spaten, mit dem sie die Wunder des Watts ausgraben wird. „Eigentlich dürften wir gar nicht hier sein“, sagt die Wattführerin. Seit 1985 steht das Gebiet als Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer unter Schutz. Es ist Teil des wichtigsten Naturraums in Deutschland und bildet zusammen mit dem niedersächsischen und Hamburgischen Wattenmeer das vogelreichste Gebiet in ganz Europa. Das Watt zwischen dem Festland und Föhr gehört zur am strengsten geschützten „Nullnutzungszone“ und ist für die Öffentlichkeit geschlossen. Für Matthiesens Route gilt jedoch ein Bestandsschutz, den sie mit der Strecke von ihrem 2015 verstorbenen Vorgänger übernahm, dem Wattführer Boy Boysen. Der 1943 geborene Boysen hatte die Route bereits als 13-jähriger absolviert. Einmal schaffte er es innerhalb einer Tide nach Föhr und zurück. Das war lang bevor das Wattenmeer Nationalpark und später, 2009, Unesco-Weltnaturerbe wurde. Matthiesen begleitete ihn 15 Jahre lang immer wieder. Denn wenn das Wetter sich jäh ändert und das Land am Horizont in Dunst und Regen verschwindet, ist sehr gute Gebietskenntnis noch wichtiger als belastbare Nerven. An ein paar Tagen im Jahr darf sie die Tour nach Föhr anbieten; jede meldet sie bei der Wasserschutzpolizei an.

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