Schon als Minister hatte Wolfgang Brandstetter zwei Gesichter. Eine Personalaffäre aus dieser Zeit könnte ihn nach den Chats und der Causa Tojner auch noch einholen.
So ganz freiwillig dürfte der am Donnerstag verkündete Rücktritt von Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter nach Bekanntwerden seiner Chats nicht gewesen sein. Und auch bereits zu seiner Politikerzeit hatte Brandstetter zwei Gesichter gezeigt: Das des seriösen, netten Jus-Professors, der den Wurlitzer anwirft und seine Unabhängigkeit betont. Und das des Karrieristen, der für seinen eigenen Vorteil die Grenzen des Zulässigen auslotet. Aber was kann man Brandstetter eigentlich vorwerfen?
ÖVP-Chef Michael Spindelegger hatte seinen „Norica“-Bundesbruder Brandstetter 2013 ins Regierungsteam geholt. Brandstetters Stern stieg weiter, als sein „väterlicher Freund“ Sebastian Kurz in der ÖVP im Frühjahr 2017 das Zepter übernahm. Brandstetter wurde bis zur Neuwahl Vizekanzler. Seine Parteiunabhängigkeit betonte Brandstetter weiterhin, wenngleich er Vertreter der von Kurz geführten Jungen ÖVP als engste Mitarbeiter in sein Kabinett aufnahm. Darauf angesprochen erklärte Brandstetter damals, gar nichts von der Parteizugehörigkeit seiner Mitarbeiter zu wissen. Er „schnüffle nicht nach“, meinte er beschwichtigend.