US-Truppenabzug

Pakistan befürchtet neuen Bürgerkrieg in Afghanistan

Islamabad will politische Lösung zwischen Regierung und Taliban erreichen.

Pakistan will sich für ein Ende des Konflikts in Afghanistan vor einem Abzug der internationalen Truppen einsetzen, um einen neuen Bürgerkrieg in seinem Nachbarland zu verhindern. Die Führung in Islamabad werde versuchen, rechtzeitig eine politische Lösung für den Machtkampf zwischen der afghanischen Regierung und den radikal-islamischen Taliban zu erreichen, sagte Ministerpräsident Imran Khan am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters.

Allerdings werde es nicht einfach sein, die Taliban zu Zugeständnissen zu bewegen. Denn die Extremisten seien seit der US-Ankündigung eines Truppenabzug bis zum 11. September der Ansicht, den Krieg gewonnen zu haben. Sollte es zu einem neuen Bürgerkrieg in Afghanistan und einer Flüchtlingskrise kommen, würde auch Pakistan sehr darunter leiden und sein Land könnte zum Eingreifen gezwungen sein.

US-Präsident Joe Biden will die amerikanischen Truppen 20 Jahre nach beginn des Afghanistan-Krieges bis zum Jahrestag der Anschläge von 2001 abziehen. Dies hatte er im April angekündigt, Deutschland und die anderen NATO-Partner schlossen sich ihm an. Seitdem haben die Taliban ihre Angriffe wieder verstärkt. Kritiker des Abzugs befürchten, dass die Islamisten versuchen werden, wieder die Macht in Afghanistan zu erobern.

Taliban eroberten zwei weitere Bezirke

Die militant-islamistischen Taliban eroberten indes zwei weitere Bezirke in zwei verschiedenen Provinzen, wie mehrere lokale Behördenvertreter und Parlamentsmitglieder am Freitag bestätigten.

Demnach fiel der Bezirk Shenkai in der Provinz Sabul im Süden des Landes nach rund einer Woche an Gefechten an die Islamisten. Die Taliban hätten alle Versorgungswege für die Sicherheitstruppen abgeschnitten, bevor sie den Bezirk überrannten, hieß es von zwei Provinzräten.

In der Provinz Urusgan im Süden des Landes kam der Bezirk Gisab unter Kontrolle der Taliban, erklärten zwei Provinzräte aus der Nachbarprovinz Daikundi. Die Gefechte hätten am Donnerstag begonnen, am Freitag hätten die Sicherheitskräfte fliehen müssen. Ein Parlamentsmitglied aus Urusgan bestätigte den Fall von Gisab.

Zunächst gab es keine Berichte über Opfer. Auch andernorts gab es schwere Zusammenstöße. In der Provinz Ghazni im Südosten des Landes stand der Bezirk Deh Jak nach starkem militärischen Druck auf die Sicherheitskräfte dort kurz vor dem Fall an die Taliban. Im Bezirk Farsi in der Provinz Herat kamen laut lokalen Behördenvertretern am Freitag bei Zusammenstößen mindestens neun Polizisten ums Leben.

(APA/Reuters)

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