Rechtsstaat

Angriffe auf Justiz: Schützenhöfer ruft ÖVP zur Mäßigung auf

Hermann Schützenhöfer (ÖVP)
Hermann Schützenhöfer (ÖVP)APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Der steirische Landeshauptmann nimmt Kanzler Kurz in Schutz - „manche aus seinem Umfeld“ kritisiert er allerdings. Die Chats zwischen Pilnacek und Brandstetter seien „grauslich“, deren Veröffentlichung aber auch.

Steiermarks Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) nimmt in den aktuellen Turbulenzen seiner Partei Obmann Sebastian Kurz in Schutz, kritisiert aber dessen Umfeld. Generell rief er in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag zur Mäßigung auf und sprach sich gegen Angriffe gegen die Justiz aus. Auch als Fan von Bundespräsident Alexander Van der Bellen outete er sich. Sollte dieser noch einmal antreten, sollte die ÖVP "Größe zeigen" und auf einen eigenen Kandidaten verzichten.

"Die Justiz ist eine große Säule des Rechtsstaats", sagte Schützenhöfer. Er sei nicht mit jedem Urteil des Verfassungsgerichtshofs einverstanden, "aber was die urteilen, das gilt". Auch für das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Kurz zeigte er Verständnis, "die müssen ja untersuchen". Aus der Bevölkerung bekomme er allerdings den Ärger darüber mit, dass die "vereinigte Opposition" gegen den Kanzler vorgehe. Seiner Überzeugung nach werde bei den Falschaussage-Ermittlungen auch nichts herauskommen. "Ich bin überzeugt, dass er nicht verurteilt wird", sagte Schützenhöfer.

„Würde nicht Justiz angreifen"

Dafür, dass sich Kurz ungerecht behandelt fühle, zeigte der steirische Landesparteichef der ÖVP Verständnis. Für die Reaktion allerdings nicht: "Ich würde persönlich jedenfalls die Justiz nicht angreifen." Schon Alfons Gorbach, ÖVP-Bundeskanzler in der 1960er-Jahren habe dafür appelliert, seine Meinung in den eigenen vier Wänden und nicht am Hauptplatz zu sagen.

Angesprochen auf diverse aus dem ÖVP-Umfeld bekanntgewordenen Chats, meinte Schützenhöfer: "Auf den Bundeskanzler bin ich stolz, über manche in seinem Umfeld nicht wirklich." Dass sich der scheidende Öbag-Chef Thomas Schmid etwa über den Pöbel, unter den er sich ohne Diplomatenpass mischen müsse, beklagt habe, sei schrecklich. "Ich war noch viel mehr entsetzt über das, was über die Kirche zu lesen war", ergänzte der Landeshauptmann.

„Grausliche“ Äußerungen Pilnaceks

Als "grauslich" bewertete er auch die Äußerungen des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek im Austausch mit Wolfgang Brandstetter, ehemals ÖVP-Justizminister und Vizekanzler und inzwischen zurückgetretener Verfassungsrichter. Schützenhöfer ergänzte: „Dass sie veröffentlicht werden dürfen, auch was den persönlichen Bereich anlangt, ist ebenso grauslich."

Außerdem attestierte er Pilnacek, für die Justiz gute Arbeit geleistet zu haben. Und dass sich dieser bei ihm für ein hohes Richteramt für seine Ehefrau Caroline List eingesetzt hatte, wollte Schützenhöfer auch nicht verurteilen: "Was glauben Sie, wie viele Menschen bei mir intervenieren?" Zudem solle die Präsidentin des Grazer Straflandesgerichts nicht schlecht gemacht werden, meinte er, sie sei sicher auch zu einem Ministeramt fähig.

Unterstützung formulierte Schützenhöfer auch für den amtierenden Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Dieser mache seine Sache gut, und sollte dieser wieder antreten, sollte die ÖVP einen Schritt zurück machen und auf einen eigenen Kandidaten verzichten. Wenn nicht, kämen seiner Ansicht nach etwa Irmgard Griss oder Helga Rabl-Stadler als ÖVP-Kandidatinnen infrage.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP)
Chatprotokolle

Brandstetter zieht sich doch "mit sofortiger Wirkung" zurück

Ursprünglich hatte der nach veröffentlichten Chats unter Druck geratene Ex-Justizminister seinen Rückzug als Verfassungsrichter für den 1. Juli angekündigt.
Der frühere Justizminister Wolfgang Brandstetter ist als Verfassungsrichter zurückgetreten - aus Sicht eines Juristen "die richtige Entscheidung", so der Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff.
"Niveaulos"

Rechtsanwälte-Präsident erwartet gerichtliches Nachspiel für Brandstetter

Die Staatsanwaltschaft könnte laut Rupert Wolff wegen des Verdachts der Amtsgeheimnis-Verletzung ermitteln. Auch ein Vorgehen gegen Pilnacek hält der Präsident der Rechtsanwaltskammer für möglich.
Christian Pilnacek will nicht nur nach seinen "unverzeihlichen" Chats beurteilt werden, die in "völligem Widerspruch" zu seiner Persönlichkeit stünden.
Chat-Affäre

Pilnacek entschuldigt sich: Äußerungen in Chats "unverzeihbar"

Seine Nachrichten im Chat mit Verfassungsrichter Brandstetter seien "nicht zu rechtfertigen und völlig unangemessen“, schreibt Pilnacek, der allerdings auch Kritik am Justizministerium übt.
Wolfgang Brandstetter will sein Amt als Verfassungsrichter bis zum 1. Juli zurücklegen.
Rückzug

Biedermann und der Brandstetter

Schon als Minister hatte Wolfgang Brandstetter zwei Gesichter. Eine Personalaffäre aus dieser Zeit könnte ihn nach den Chats und der Causa Tojner auch noch einholen.
20210604 Press conference on OeVP - Proven chat leaks by opposition VIENNA, AUSTRIA - JUNE 4: Member of the National Co
U-Ausschuss

Pilnacek-Chats: ÖVP wirft Neos "hinterhältige Politik" vor

U-Ausschuss-Fraktionschef Hanger kritisiert, dass die Neos die vertraulichen Ausschuss-Dokumente zu den Pilnacek-Chats weitergegeben haben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.