Arbeitsmarkt

Kurzarbeit wird bis Mitte 2022 verlängert

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++ THEMENBILD ++ CORONA: OeFFNUNGEN / GASTRONOMIEAPA/BARBARA GINDL
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Die Regierung präsentierte zwei Modelle für die Kurzarbeit. Betroffene Branchen müssen 50 Prozent Umsatzeinbußen nachweisen können, um die Hilfe bis Ende des Jahres weiter in vollem Umfang zu erhalten.

Regierung und Sozialpartner haben sich am Montag auf eine Verlängerung der Corona-Kurzarbeit geeinigt. Ab Juli wird es zwei Modelle geben: eines für die schwer von der Pandemie betroffenen Branchen wie Gastronomie, Stadthotellerie und Luftfahrt. Für andere Branche kommt im Wesentlichen jenes Kurzarbeitsmodell zur Anwendung, das es bereits vor Corona gegeben hat. Während Regierung und Sozialpartner das Ergebnis gutheißen, gibt es von der Opposition, aber auch von Experten Kritik. Bemängelt wird, dass zu wenige Anreize geschaffen werden, damit sich mehr Arbeit auch lohnt.

Die Regierung betont, dass durch das Instrument der Kurzarbeit bisher 1,2 Millionen Arbeitsplätze gesichert werden konnten. 8,2 Milliarden Euro wurden für dieses Kriseninstrument lockergemacht.

50 Prozent Umsatzausfall

Für jene Branchen, die weiter von pandemiebedingten Schließungen oder Lockdown-Maßnahmen betroffen sind, gelten bis Jahresende im Wesentlichen dieselben Bedingungen wie bisher. Die Arbeitszeit kann somit bis auf null Prozent sinken und der Lohnausgleich liegt bei 80 bis 90 Prozent des früheren Nettolohns.

Allerdings müssen die Unternehmen nun nachweisen, dass sie im dritten Quartal 2020 Umsatzeinbußen von mindestens 50 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2019 haben hinnehmen müssen. Damit gebe es für alle Planungssicherheit, die Kurzarbeit könne gleich beantragt werden und niemand könne seinen Umsatz im Herbst 2021 hintrimmen, um neuerlich Hilfsgelder zu erhalten, begründete Arbeitsminister Martin Kocher die Regelung.

Für die anderen Branchen, die weniger betroffen sind, wird es ein bis Mitte 2022 laufendes Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe geben: Die Nettoersatzraten für die Arbeitnehmer bleiben gleich. Es wird aber eine 50-prozentige Mindestarbeitszeit gefordert. Außerdem muss je angefangenen zwei Monaten Kurzarbeit verpflichtend eine Woche Urlaub abgebaut werden. Weiters gibt es einen Abschlag von 15 Prozent von der bisherigen Beihilfenhöhe, den die Unternehmer tragen müssen. Dieses Modell steht bis Sommer 2022 zur Verfügung. Zwischen zwei Kurzarbeitsphasen wird es mit Zustimmung der Sozialpartner die Möglichkeit zum Personalabbau geben.

Die mit 60 Prozent geförderte Weiterbildung werde es weiter geben, sagte Kocher. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian betonte die Bedeutung der Weiterbildung. Diese solle sich aber „auch für die Unternehmen rechnen“.

Arbeiterkammer-Chefin Renate Anderl sagte, die Lösung sei „gelungen, gut und für beide Seiten sehr wichtig“. Die Krise sei noch nicht vorbei, niemand wisse, was nach dem Sommer passiert. Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer sieht darin einerseits ein klares Signal dafür, dass die Wirtschaft am Weg aus der Pandemie sei. Andererseits werde damit jenen Unternehmen geholfen, die dies noch benötigen.

Fünfte Phase der Kurzarbeit

Die Neuregelung ist die fünfte Phase der Corona-Kurzarbeit. Wie es danach mit der Kurzarbeit weitergeht, werde anhand einer Evaluierung in einem Jahr entschieden, kündigten Finanzminister Gernot Blümel, Kocher und die Sozialpartnerspitzen an.

330.000 Personen sind zur Kurzarbeit angemeldet. Kocher rechnet damit, dass die Zahl der Kurzarbeitenden bis Ende des Sommers auf 100.000 bis 120.000 fallen wird. Es gebe noch keine Abschätzung, wie viele davon unter die großzügige Corona-Kurzarbeit fallen werden. „Ich gehe aber davon aus, dass es ungefähr die Hälfte sein wird“, sagte Kocher. Einen Anstieg bei den Arbeitslosenzahlen wegen der geringeren Kurzarbeitshilfe erwarte er nicht, denn die tatsächlich betroffenen Branchen würden weiter Hilfe erhalten. In den anderen Branchen sollte die anspringende Konjunktur Menschen, die arbeitslos werden, zu einem neuen Job verhelfen. Bisher hat das Arbeitsmarktservice rund elf Mrd. Euro an Corona-Kurzarbeitshilfen zugesagt.

IHS-Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer hält die Regelung für „grundsätzlich in Ordnung“, betont im Gespräch mit der „Presse“ jedoch, dass die Kurzarbeit „keine Dauereinrichtung“ werden dürfe. Einen klaren Exit-Plan vermisst auch die Agenda Austria. „Im Aufschwung sollte die Kurzarbeit weitgehend zurückgedreht werden, um die Erholung nicht zu bremsen. Dabei ist es in Ordnung, dass es Sonderregelungen für Branchen gibt, die noch erheblich unter den Auswirkungen der Pandemie leiden“, heißt es.

Die Agenda Austria bedauert, „dass die Reform nicht genutzt wurde, um das Arbeiten wieder attraktiver zu gestalten. Die Ersatzraten bleiben unverändert. Damit macht es weiter keinen Unterschied, ob jemand 50 oder 20 Prozent der Arbeitszeit in Kurzarbeit ist. Dabei sollte die Kurzarbeit so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich genutzt werden – ein solcher Anreiz fehlt leider im System.“ (apa/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2021)

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