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Grüne Effizienz: Die digitalisierte Baustelle

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Effizienz durch digitale Technologien, in der Cloud vernetzt. Das soll die ersehnte Nachhaltigkeit im Bauwesen bringen.

Robotik wird auf Baustellen immer häufiger zu sehen sein. Beispielhaft dafür ist ein Projekt des Fraunhofer Italia Innovation Engineering Center in Südtirol. Husky A200 heißt die mobile Roboterplattform, mit der erforscht wird, wie künftig mobile Plattformen autonom über Baustellen fahren, Lasten transportieren und dabei die Digitalisierung im Bauwesen vorantreiben können.

Im Projekt Rosbim entwickelt das Forschungsteam Process Engineering in Construction dazu eine Software-Schnittstelle, die Building Information Modeling (BIM) mit dem Robot Operating System (ROS) verbindet. Ziel der Forscherteams ist es, bereits digital vorliegende Gebäudedaten auf der Baustelle optimal zu nutzen.  Die modulare Open-Source-Plattform ist auf einem Mini-PC installiert, der sich auf dem mobilen Roboter befindet. Über die BIM-Modelle werden digitale, objektorientierte Informationen an den Roboter übertragen. „Eine Baustelle lebt, sie verändert sich fortlaufend. Zeitabhängige Daten wie etwa Angaben zu Hindernissen, die der Roboter mithilfe seiner Sensoren nicht erkennen kann, erhält er über die Schnittstelle. Über das Interface wird er beispielsweise informiert, dass ein Kabel- oder Aufzugschacht auf der Baustelle an einem bestimmten Tag geöffnet ist und daher umfahren werden muss“, erläutert der Forscher Michael Terzer.

Die für raue Umgebungen konzipierte mobile Roboterplattform ist mit einer Steuerungselektronik sowie mit Beschleunigungs-, Laser- und Neigungssensoren ausgestattet, die ihr helfen, im unwegsamen Gelände zu navigieren. Der Roboter übernimmt die Rolle eines Assistenten bei Logistikprozessen auf der Baustelle und folgt dem Menschen, indem der Bauarbeiter eine implementierte Follow-me-Funktion aktiviert. Dank der Informationen, die die Roboterplattform durch die BIM-Daten erhält, können die Navigationsfähigkeiten verbessert und die sensorische Wahrnehmung des Roboters ergänzt werden – mit dem Ziel, dass gut informierte und trainierte Roboter auf Baustellen nicht nur den Arbeitern folgen, sondern auch autonom unterwegs sein können.

Bagger, sauber und leise

Dass Drohnen und Bauroboter zu den Hoffnungsträgern der Green Technology gezählt werden, liegt nicht zuletzt daran, dass sie – teils schon in der Gegenwart, sicher aber in naher Zukunft – mit umweltfreundlichen Antriebssystemen arbeiten (werden). Selbiges gilt auch für die unvermeidlichen klassischen Baumaschinen, sprich für Bagger, Planierraupen und Co. „Elektromobilität und alternative Antriebe sind nicht nur bei Autos und Transportern ein immer wichtigeres Thema, auch die Hersteller von Baumaschinen und -fahrzeugen treiben die Elektrifizierung ihrer Produkte voran“, sagt Patrick Scherr, Senior Vice President der Business Unit Offroad Europe beim Technologieunternehmen Schaeffler. „Vor allem bei kleineren Baumaschinen im unteren Leistungsbereich rüsten Hersteller mit elektrischen Antrieben auf. Auch hybride Antriebe werden zunehmend interessant. So sind Systeme gefragt, die leichte Tätigkeiten unterstützen und bei geforderter Höchstleistung wiederum den Sekundärantrieb zuschalten, beispielsweise bei Baggern oder mittelgroßen Radladern“, so Scherr.

Namhafte Hersteller wie Caterpillar bieten bereits serienmäßig Mini-Bagger an, die insbesondere für innerstädtische Baustellen geeignet sind. Im Elektromodus treibt dabei ein Elektromotor mit Kabelversorgung eine separate Hydraulikpumpe an, die die Maschinenhydraulik mit dem erforderlichen Ölstrom versorgt. Ähnlich funktionierende Antriebssysteme haben Unternehmen wie Liebherr, Komatsu oder Wacker Neuson im Portfolio. Getrieben werden die Entwicklungen von einem Markt, auf dem bei Ausschreibungen für Bauprojekte zunehmend verlangt wird, dass Baumaschinen leise und umweltfreundlich arbeiten. Vor allem auf urbanen Baustellen geht der Trend eindeutig in Richtung eines Baumaschinenfuhrparks, der mit kompakten, leicht transportierbaren und im Betrieb CO2-neutralen Geräten punktet. Einigkeit herrscht bei den Experten, dass Baumaschinen im Sinne der Nachhaltigkeit nicht nur über umweltfreundliche Motoren verfügen sollten, sondern Teil eines perfekt kommunizierenden Systems von Akteuren und Geräten sein müssen. Die resultierende Effizienz soll den verschwenderischen Umgang mit Ressourcen schon auf der Baustelle verhindern.

Ressourcenschonende Effizienz

Laut Schätzungen des Umweltbundesamtes verursachen menschliche Fehler und Pannen am Bau Änderungskosten, die mit mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes im heimischen Baugewerbe zu Buche schlagen. Auch beim Baustellenabfall sei ein ähnlicher Prozentsatz auf Falschlieferungen und Planungsfehler zurückzuführen. Die Wurzel des Übels sind zumeist ineffiziente Informations- und Kommunikationswege zwischen Bauherren, Architekten, Planern, Handwerkern, Lieferanten und Dienstleistern. Wie man dem mit einer Technologieplattform auf Basis von Gebäudedatenmodellierung beikommen kann, erforscht gerade das RIF Institut für Forschung und Transfer in Dortmund.

„Gemeinsam mit Partnern aus Handwerk, IT- und Baubranche arbeiten wir an der Erstellung einer digitalen Informations- und Kommunikationsbrücke. Eine offene Technologieplattform soll bereits vorhandene digitale Hilfen und Systeme auf der Basis konkreter Gebäudedaten verbinden“, erklärt David Jung, RIF-Mitarbeiter der Abteilung Forschung Innovationstechnik. Das neue digitale Miteinander auf Baustellen soll, so das Ziel, in einer „Mobilen und Digital vernetzten Lernfabrik“ (MobiDik) auf Baustellen erprobt werden. Die Technologieplattform wird helfen, mit modernsten Technologien Baustellen so zu organisieren, dass Fehlerkosten sinken, Nebenzeiten beim Personal reduziert werden und Qualitäten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes gesichert werden können. Grundlegend dafür sind digitale Blaupausen und digitale Zwillinge, mit denen Menschen, Organisationen, Prozesse und Technik für eine konkrete Baustelle interagieren und handeln. Damit dies funktioniert, werden Mess- und Prüfsysteme, GPS oder RFID-Ortungen, Sensoren und eingebettete Systeme in die Plattform integriert. Zudem prüfen die RIF-Experten, wie Mensch-Technik-Systeme und Robotik-Handhabung genutzt werden können, um für ein Wissensmanagement mit Kommunikationsmodulen und Lernsystemen sorgen.

Information zählt

David Jung betont dazu nochmals den Nachhaltigkeitsaspekt: „Drei Viertel der Verantwortung für Ressourcenverbrauch und Kosten gehen auf die Planung des Gebäudes und der Baustelle zurück. Das Problem: Diese Kosten werden zu einem großen Teil erst später, also beim Bau und in der Nutzungsphase eines Gebäudes anfallen.“ Die Fähigkeit von Planern, Handwerkern und anderen Beteiligten, sich frühzeitig gegenseitig zu informieren, über Besonderheiten eines Bauprojektes vorab zu kommunizieren und ihr Wissen rechtzeitig zu teilen, sei daher der Schlüssel zu dauerhaft energie- und kostensparenden Gebäuden. 

Augmented Reality

Auf Building Information Modeling (BIM) als grundlegendes Datenmanagement für eine nachhaltige Gebäudeplanung setzt auch das 2011 gegründete BIM-Entwicklungs- und Beratungsunternehmen Bimexperts. Im jüngsten Forschungsprojekt, „ARFlow“, wird die im Gaming-Bereich groß gewordene Technologie der Augmented Reality (AR) genutzt. Im Fokus stehen Facharbeiter am Bau, die mit AR-Brillen ausgestattet sind, und die Verarbeitung der so gewonnenen Daten über eine eigens entwickelte Plattform. „Bei ‚ARFlow‘ wird die vorhandene Situation auf der Baustelle mit dem Plan verglichen, um Abweichungen automatisch und zentimetergenau zu vermessen. Egal ob Audioaufnahmen, Videofeeds, Fotos oder Dokumente, alle Medien werden in die Kommunikation eingebettet und sämtliche Projektpartner informiert, sobald neue Projektdaten eingehen. Mittels App kann von überall mobil darauf zurückgegriffen werden“, erläutert Bimexperts-Geschäftsführer und -Inhaber Michael Resch. Ein Bauherr bringt sich so beispielsweise auf den neuesten Stand, ohne die Baustelle überhaupt besichtigen zu müssen. Da alle Abhängigkeiten durch BIM erfasst werden, lassen sich zu jedem Objekt Daten wie nötige Vorleistungen oder Montagetermine direkt abfragen. Abweichungen vom Plan sind direkt sichtbar und Kollisionen können frühzeitig erkannt werden. „Auch nach der Errichtung lassen sich die gesammelten Daten weiter einsetzen. Gebäudenutzer verfügen damit über alle relevanten Daten, die ein modernes Facility Management braucht“, so Resch. Sein Blick in die Zukunft: „In der Nacht fliegen Drohnen über die Baustelle und gleichen ihr Bild mit dem digitalen Zwilling im BIM ab. In weiterer Folge wird die Blockchain-Technologie Auftraggeber und Auftragnehmer vernetzen.“ Was visionär klingt, ist technisch bereits machbar. Ob es wie versprochen die Umweltbilanz am Bau entscheidend verbessert, werden die nächsten Jahr(zehnt)e zeigen.

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