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Auch Software kann umweltfreundlich sein

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Nicht nur Hardware und Klimatechnik helfen, den Stromverbrauch im Rechenzentrum zu senken. Einen nachhaltigen Beitrag leistet ebenfalls eine effiziente Software-Architektur. Ein Gespräch mit Johannes Kreiner, Geschäftsführer des Personalsoftware-Spezialisten Sage DPW.

Geht es um Green IT und Rechenzentren, denkt man zuerst an stromsparende Serverhardware, effektive Energieversorgung oder intelligente Kühlsysteme. Seit einiger Zeit wird aber auch vermehrt über die Möglichkeiten ressourcenoptimierter Softwarelösungen diskutiert. Was hat es damit auf sich?

Johannes Kreiner: Eine intelligente Software-Architektur kann einen großen Beitrag leisten, um Data Centers energieeffizienter zu machen. Denn zwei unterschiedlich geschriebene Programme mit genau denselben Funktionen können erhebliche Abweichungen beim Stromverbrauch aufweisen, wenn beispielsweise die Software unbeabsichtigt verhindert, dass ein Gerät automatisch in den Energiesparmodus wechselt – einfach nur, weil dieser Aspekt bei der Softwareentwicklung nicht mitberücksichtigt wurde. Inzwischen erkennen immer mehr Unternehmen, wie hoch das Energiesparpotenzial mit einer nachhaltigen Software-Architektur sein kann.

Gibt es für Programme bereits belastbare Vergleichsbenchmarks, so wie sie für Prozessoren existieren?

Die gibt es noch nicht. Aber das Umweltbundesamt in Deutschland hat eine valide Bewertungsgrundlage in Form einer Studie veröffentlicht, die die enorme Komplexität der kaum überschaubaren Wirkmechanismen zwischen Hard- und Software beleuchtet. Diese Mechanismen sind in der Erhebung in insgesamt 25 Kriterien und 76 Indikatoren unterteilt. So können Unternehmen die Nutzung von Hardware-Ressourcen durch Software genau ermitteln und vergleichen.
Ein wichtiger Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang ist die Art und Weise, wie ein Programm auf gespeicherte Daten zugreift. Dies kann den Energieverbrauch eines IT-Systems spürbar beeinflussen. Denn jeder Zugriff löst Kopiervorgänge zwischen Speichermedien und Hauptspeicher aus, die Prozessoren unterschiedlich stark beanspruchen. Egal ob es um den Druck einer Rechnung oder die Aktualisierung einer Adresse geht: Bei fast jeder Interaktion werden Datensätze aus einer Datenbank gelesen und wieder zurückgeschrieben. Um die Nachhaltigkeit zu unterstützen, gilt es daher, Redundanzen durch Datendopplung zu vermeiden und den Speicherzugriff auf wirklich benötigte Informationen einzuschränken.

Wie lassen sich energieintensive Speicherzugriffe optimieren?

Datenbankabfragen sind ein guter Ansatzpunkt. Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Kundenstammdatenstruktur besteht aus hundert Datensatzfeldern, von denen im konkreten Fall aber nur zehn inhaltlich relevant sind. In einem derartigen Fall sollten auch nur diese zehn Felder von der Abfrage angesprochen werden und nicht – wie vielfach noch praktiziert – alle hundert Datenfelder.

Datendopplungen lassen sich zumeist nur durch eine unternehmensweit konsolidierte Datenbankbasis vermeiden. Das ist jedoch manchmal nicht so einfach: Stammen beispielsweise die Controlling- und CRM-(Customer Relationship Management)-Software von verschiedenen Herstellern, muss mit zwei verschiedenen Kundendatenstämmen weitergearbeitet werden. Hier gilt es abzuwägen, wie und ob die Energieersparnis aufgrund minimierter Speicherzugriffe nebst Effizienzgewinn dank vereinheitlichter Datenpflege es rechtfertigt, eine Investitionsentscheidung zugunsten einer neuen CRM- oder Controlling-Software zu treffen.

Hängt der Ressourcenverbrauch von Software auch von der Programmiersprache ab?

Bis heute gibt es noch keine aussagekräftigen Untersuchungen, die zeigen, wie stark bestimmte Programmiersprachen oder Compiler (das sind Programme, die Quellcodes einer Programmiersprache in eine Form übersetzen, die von einem Computer ausgeführt werden kann) den Ressourcenverbrauch der entwickelten Programme beeinflussen. Konkrete Auswirkungen des Quellcodes auf die Energieeffizienz der Anwendung zeigen sich nur dann, wenn bestimmte Designprinzipien bei Softwareentwicklung und Coding Berücksichtigung finden. Das bedeutet: Ein schlecht strukturierter und chaotischer Code kann in jeder Programmiersprache für ineffiziente Software sorgen. Eine schlanke, wartungsfreundliche und ressourcenschonende Software-Architektur ist daher stets wichtiger als die Festlegung auf bestimmte Sprachen oder Compiler.

Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit bei Betriebssystemen aus?

Wie groß die Unterschiede im betriebssystembedingten Ressourcenverbrauch sind, zeigt sich beispielsweise beim Vergleich verschiedener Container-Technologien. Container, einer der großen IT Trends, verpacken eine Anwendung und alle zu ihrer Ausführung erforderlichen Dateien in ein handliches Paket. Das vereinfacht sowohl die Installation und den Betrieb von Server-Anwendungen als auch deren Management und Verteilung. Ein Container mit lediglich zehn Klienten ist natürlich weniger energieeffizient als einer mit doppelt so vielen. Was die Energieeffizienz eines Systems vermutlich weiter verbessern wird, ist der Trend in Richtung herstellerübergreifender Plattform-Portabilität von Containern. Das wird den Einsatz besonders ressourcensparender Container, beispielsweise auf Linux-Basis, ermöglichen.

Haben Software und Betriebssysteme auch einen Einfluss auf die Nutzungsdauer eines IT-Systems?

Natürlich. Allgemein bekannt ist beispielsweise, dass ein Laptop oder das Smartphone nach jedem Betriebssystemupdate langsamer läuft. Das führt irgendwann dazu, dass Nutzer ein neues Gerät anschaffen müssen. Würde bei der Neu- oder Weiterentwicklung von Softwareanwendung mit bedacht werden, diesen Effekt zu reduzieren, hätte dies weitere positive Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit des Gesamtsystems. Denn: Je länger eine Hardware im Einsatz bleibt, desto mehr lassen sich all die Ressourcen ausnutzen, die für Herstellung, Transport, Vertrieb und Implementierung aufgewendet wurden. Die verlängerte Nutzungsdauer und damit auch die Orientierung an einer nachhaltigen Software-Architektur wirken sich so auch positiv im Sinne eines sinkenden IT-Investitionsbedarfs aus.

Johannes Kreiner ist Geschäftsführer für den Bereich HR-Software bei Sage in Österreich. Der Absolvent des FH-Studiengangs Europäische Wirtschafts- und Unternehmensführung verfügt über langjährige IT-Erfahrung und hat in den Jahren vor seinem Eintritt bei Sage DPW die Geschäftsführung für ein IT-Dienstleistungsunternehmen mit 280 Mitarbeitern in Österreich und der Schweiz verantwortet.

Sage DPW, 1972 unter dem Namen „data processing weinhofer“ gegründet, hat sich seit Beginn der 1980er-Jahre auf die Entwicklung von Anwendungssoftware für das Personalwesen spezialisiert. Sie ist Mitglied der britischen Sage-Gruppe mit rund 12.000 Mitarbeitern in 20 Ländern.

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