Eine deutliche Mehrheit stimmte dafür: Christdemokraten und Rechtsliberale bilden eine Minderheitsregierung - unter der Duldung des Islamgegners Wilders.
Nach kontroversen Diskussionen haben die niederländischen Christdemokraten auf einem Sonderparteitag die politische Zusammenarbeit mit dem Rechtspopulisten Geert Wilders abgesegnet. Eine große Mehrheit der fast 5000 Delegierten stimmte am Samstag in Arnheim für den ausgehandelten Duldungsvertrag mit Wilders' Partei für Freiheit (PVV).
Damit wurde der Weg freigemacht zur Bildung einer Minderheitsregierung aus Rechtsliberalen (VVD) und Christdemokraten (CDA), der Wilders im Parlament für ausgewählte politische Vorhaben die erforderliche Mehrheit sichert. Nun muss die Fraktion Anfang kommender Woche zustimmen.
Die islamfeindliche Freiheitspartei, die bei den Wahlen vor fast vier Monaten drittstärkste politische Kraft der Niederlande wurde, ist zwar nicht direkt an der Regierung beteiligt. Sie bekommt durch die Duldungskonstruktion jedoch erheblichen Einfluss auf die Politik der künftigen Regierung.
Einwanderung zurückdrängen
Gemäß des mit Wilders ausgehandelten Abkommens soll unter anderem die Einwanderung von Menschen aus islamischen und anderen nichtwestlichen Ländern in den nächsten Jahren um rund 50 Prozent zurückgedrängt werden.
"Keil in unsere Gesellschaft getrieben"
Lange waren sich die Delegierten nicht einig: Etliche riefen die Parlamentsfraktion und die Führung des Christdemokratischen Appells (CDA) auf, Wilders nicht durch eine offizielle Zusammenarbeit politisch salonfähig zu machen.
Justizminister Ernst Hirsch Ballin erklärte etwa, Christdemokraten könnten auf keinen Fall mit Wilders zusammenarbeiten. Er schüre Hass gegen eine Bevölkerungsgruppe und missachte das Recht von Muslimen auf Religionsfreiheit. "Die PVV hat einen Keil in unsere Gesellschaft getrieben", schrieb Ballin am Samstag in einem Zeitungskommentar.
Viele andere Delegierte äußerten allerdings Unterstützung für die Bildung einer Minderheitsregierung. Der CDA-Fraktionsvorsitzende Maxime Verhagen, der in der Minderheitsregierung Vizeministerpräsident werden soll, bat unter starkem Beifall um Unterstützung dafür. Die CDA-Vertreter in der Regierung würden auf jeden Fall dafür sorgen, dass die Grundrechte aller Niederländer - auch der Muslime unter ihnen - gewahrt bleiben.
Die Bildung einer Regierung mit Parlamentsmehrheit war in den Niederlanden seit der Wahl im Juni immer wieder gescheitert. Anfang der Woche einigten sich die Spitzen der beiden Koalitionsparteien nach 111 Verhandlungstagen schließlich auf ein Konzept
Rede und Prozess
Zeitgleich mit dem CDA-Kongress in Arnheim hielt Wilders am Samstag in Berlin eine Rede über seiner Meinung nach vom Islam ausgehende Gefahren für westliche Gesellschaften.
Am Montag beginnt in Amsterdam das Hauptverfahren im Prozess gegen Wilders wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Beobachter rechnen daher damit, dass er besonders scharfe Verbalattacken auf den Islam in Berlin nicht wiederholt.
Wilders hatte unter anderem den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglichen und erklärt, die Kopftücher muslimischer Frauen "verschmutzten" das Landschaftsbild. Die Mitte-Rechts-Parteien haben allerdings bereits viele Forderungen von Wilders Partei übernommen. Nur linke Parteien haben klar gegen Diskriminierung von Muslimen Stellung bezogen.
Auch die Kirchen in den Niederlanden halten sich nach Ansicht von Kritikern auffallend zurück. Unter den konservativen Protestanten gibt es viele Wilders-Sympathisanten. Zu seiner Anhängerschaft gehören auch einige fanatisch islamfeindliche Juden. Wilders versucht ein Bild des Islam zu suggerieren, der nur Gewalt, Fanatismus, Terror und Unterdrückung kennt.
(APA)