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Landwirtschaft 2.0: Schädlingsbekämpfung mittels Drohne

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Digitalisierung in der Landwirtschaft: Die biologische und nachhaltige Lösung der Schädlingsbekämpfung kommt nun per Luftpost.

Ein lautes Surren. Auf einem Ackerfeld in Österreich hebt sich eine Drohne in die Lüfte und findet schwungvoll ihren Weg über das Ackerfeld. In Serpentinen fliegt sie über den Erdboden und wirft kleine Kugeln ab, aus denen Schlupfwespen schlüpfen werden – Nutzinsekten, die einen der größten Schädlinge bekämpfen sollen. Der Maiszünsler, der seine Eier an der Blattunterseite in der Mitte von Erntepflanzen ablegt, gilt als einer der bedeutendsten Schädlinge etwa bei Mais oder Paprika, und das nicht nur in Österreich, denn aus Europa heraus hat er sich inzwischen auf der ganzen Welt ausgebreitet. Die Larven verursachen das Umbrechen der Pflanzen unterhalb des Kolbens, sind für Pilzbefall verantwortlich und verursachen starke Verluste bei der maschinellen Ernte. Bei großem Befall können durch den Maiszünsler über dreißig Prozent der betroffenen Ernte ausfallen – das wirkt sich auch auf die heimische Wirtschaft aus.

Schädlingsbekämpfung per Luftpost

Die eingesetzte Drohne soll zu Saisonbeginn das Schlüpfen der Schädlinge verhindern und wirft hundert Kügelchen mit Schlupfwespen-Eiern pro Hektar ab. Die Nutzinsekten werden ihre eigenen Eier in die des Falters ablegen und statt dem Maiszünsler werden Schlupfwespen-Larven schlüpfen, die des Schädlings Eier auffressen – sie werden dabei nur eine Saison lang überleben. Das ist die biologische und nachhaltige Lösung der Schädlingsbekämpfung und setzt an, bevor chemische Vorgänge eingesetzt werden müssen, wenn die Larven bereits geschlüpft sind. Daher ist die rechtzeitige Durchführung notwendig – zehn Tage dauert es, bis sich die Eier der Schädlingslarven vollständig entwickelt haben. Bevor die Drohne starten kann, muss der Schädling allerdings zunächst entdeckt werden. Hier wird auf ein spezielles Monitoring des Falteraufkommens durch den Pflanzenschutz-Warndienst der Landwirtschaftskammer gesetzt, das im Jahr 2015 in Zusammenarbeit mit der Ages, der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit, entwickelt wurde. Spezielle Lichtfallen messen das Vorkommen und zeichnen es auf – die Ergebnisse werden digital aufbereitet, nachdem sie von Experten analysiert wurden. Per Online-Landkarte Österreichs kann jeder Landwirt oder Interessent die Daten aktuell, frei zugänglich und kostenlos abrufen.

Vom Landwirt zum Drohnenpilot

Vor rund sechs Jahren seien Drohnen in der Landwirtschaft erstmals als Thema aufgepoppt, erinnert sich Österreichs erste Drohnenpilotin in der Landwirtschaft, Claudia Mittermayr. Sie arbeitet bei der Raiffeisen Ware Austria (RWA), dem Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen der Lagerhausgenossenschaften in Österreich. Sie ist gleichzeitig Geschäftsführerin des Tochterunternehmens „Agro Innovation Lab“, eine Innovationsplattform, die Agrar-Tech-Entwicklungen beobachtet und Start-ups in der Agrar-Tech-Branche in Österreich über das hauseigene Förderprogramm unterstützt oder über den Investitions-Arm der RWA in Innovationen investiert. „Ich habe mir damals überlegt, wie man Drohnen in der Landwirtschaft einsetzen könnte und erste Anwendungsgebiete entwickelt.“ Dabei stand zu Beginn das Thema Nützlingsausbringung noch nicht im Fokus. „Das erste Anwendungsgebiet waren einfache Luftbildaufnahmen von landwirtschaftlichen Flächen.“ Das sei auch immer noch ein großes Thema, um herauszufinden, wo es Schadflächen gibt oder Unkraut wächst. Schnell habe sich dann aber die Bekämpfung des Maiszünslers als Hauptfokus herauskristallisiert.

„Der Kundennutzen für die Landwirte steht immer im Vordergrund, daher haben wir uns gefragt: Was wird am meisten nachgefragt? Die Nützlingsausbringung ist ein direkter Nutzen für den Landwirt.“ Das ist auch das Hauptthema, wenn es um Digitalisierung in der Landwirtschaft geht. Es gab zwar zu Beginn eine kleinere Gruppe, die dem Thema Drohnen eher skeptisch gegenüber eingestellt war und ablehnend reagierten, „grundsätzlich waren die meisten Landwirte aber offen und wollten es zumindest einmal ausprobieren“. Über die Lagerhäuser hat die RWA und damit das Inhouse-Drohnenteam einen direkten Draht zu Österreichs Landwirtschaften und ist regional verwurzelt. Dieser direkte Kundenzugang ist ein klarer Vorteil. Inzwischen werden fünftausend Hektar Land mit fünf Drohnen abgeflogen. Das Drohnenpilotenteam der RWA wächst jede Saison. Bisher ist es relativ konkurrenzlos auf Österreichs Landwirtschaften in Oberösterreich, Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark unterwegs, auch wenn es einzelne Initiativen gebe. „Landwirte hauptsächlich, die sich selbst eine Drohne gekauft haben und gestartet sind. Auch in unserem Drohnenteam haben wir Landwirte, die für uns fliegen.“

Fünf Drohnen hat die RWA, für die Bekämpfung des Maiszünslers sind zwei Anwendungen im vierzehntägigen Abstand notwendig. Die Anmeldungen werden bis Ende April entgegengenommen. Danach werden die Flugplanungen gemacht: Ein Drohnenpilot schafft circa hundert Hektar am Tag, fünftausend Hektar werden jede Saison angeflogen und jedes Jahr werden es mehr. Die Flugplanung wird gemacht, indem der Landwirt seine Flächendaten zur Verfügung stellt. Diese sind digital bei der AMA, der Agrarmarkt Austria, registriert. Die Dateien werden für die Berechnung des Drohnenflugs benötigt und in der Software hinterlegt, denn der Oktokopter fliegt eigenständig, aber immer in Sicht des Piloten das Feld ab. Der Landwirt ist Teil des gesamten Prozesses, ihm werden anschließend Informationen zugesendet und er wird per SMS über den Fortschritt informiert. An Drohnenpiloten zu kommen sei nicht schwer: Die Saison ist mit eineinhalb Monaten relativ kurz und nach einer Ausschreibung haben sich „wahnsinnig viele beworben“, nur keine Frauen. Mittermayr ist bisher die einzige Drohnenpilotin geblieben.

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