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Der digitale Bauernhof ist nicht von gestern

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Sensoren und Datenanalyse machen die Landwirtschaft grüner. Österreichs Landwirte sind vorn dabei.

Österreichische Landwirtschaft greift bereits in vielen Bereichen auf digitale Tools zurück. Selbstfahrende Traktoren, Melkroboter, automatisierte Prozesse und Sensoren zur Datenermittlung finden täglich Anwendung in der Landwirtschaft. Begriffe wie „Landwirtschaft 2.0“ oder „Smart Farming“ sind keine Fremdwörter in der Landwirtschaft, einer der innovativsten Bereiche Österreichs.

„Viele Innovationen haben mit digitalen Lösungen zu tun“, weiß auch Claudia Mittermayr, Geschäftsführerin des „Agro Innovation Lab", einem Tochterunternehmen der Raiffeisen Ware Austria (RWA). Österreich hat eine klein strukturierte Landwirtschaft mit vielen Nebenerwerbsbetrieben, das wird oft als Nachteil angeführt, wenn es um größere Investitionen in Technologie geht und soll Österreichs Handicap im Vergleich zu anderen Ländern sein. Das sieht Mittermayr nicht so negativ, denn hiesige Landwirtschaften verfolgen überbetriebliche Lösungsansätze und auch Investitionsförderungen werden stark genutzt. „Der Fortschritt geht vielleicht weniger schnell voran als in Ländern mit vielen Haupterwerbsbetrieben mit sehr großen Flächen, aber auch in Österreich hat der Anteil der Landwirte extrem zugenommen, die auf digitale Lösungen setzen. Die Landwirtschaft in Österreich ist bereits jetzt sehr technisch und digital unterwegs und ist immer schon eng verbunden gewesen mit neuen Technologien.“ Das ist auch ein Generationen-Thema, jüngere Landwirte stehen digitalen Lösungen noch einmal offener gegenüber. Grundsätzlich aber gilt, dass der Nutzen für den Landwirt an erster Stelle steht, vor allem wenn er – wie bei der Drohnenunterstützung zur Maiszünslerbekämpfung – von einer Veränderung profitiert.

Auf dem Acker wird seit Jahren schon auf neueste Technologie gesetzt: Landwirte fahren in Traktoren mit Spurführungssystemen und GPS. Erste Roboter fahren bereits ganz eigenständig über Österreichs Felder. Auch bei modernen Traktoren wird auf der Ackerfläche zunehmend autonom gefahren und selbstständig gewendet. „Die Anwendung von Spurführungssystemen ist eine große Säule der digitalen Anwendungen in Österreichs Landwirtschaften. Hauptanwendungsbereich von digitalen Tools betrifft aber sicherlich die digitale Antragsstellung sowie die Dokumentation von Aufzeichnungsverpflichtungen“, beobachtet Hannes Schauer, Geschäftsführer des „AgrarCommander“, der aus der Landtechnikbranche kommt. Im AgrarCommander können Schlaggrenzen und Spurlinien angelegt und an das Traktorterminal zur Steuerung übertragen werden. Das ist aber nur ein kleiner Anwendungsbereich der Software.

Digitales Bauernbüro

Digitale Farm-Management-Systeme haben in vielen Landwirtschaften im Büro des Landwirts längst Einzug gehalten und vereinfachen beispielsweise Dokumentationsverpflichtungen. Hier ist die Agrar-Software „AgrarCommander“ Marktführer in Österreich, die 2015 online gestartet ist und österreichische Landwirte bei einer Vielzahl bürokratischer Aufgaben und vor allem beim Umgang mit der AMA unterstützt. Im Team der gleichnamigen Softwarefirma, die 2014 gegründet wurde und den AgrarCommander stetig weiterentwickelt, sind Landwirte, Ackerbauern und Weinbauern, sodass das Know-how und Praxiswissen direkt von den Betroffenen stammt.

„Landwirte bekommen für die Einhaltung von Bewirtschaftungsauflagen Förderungen von der AMA. Damit sie diese bekommen, müssen sie die Einhaltung der Maßnahmen nachweisen: Was haben sie am Feld gemacht? Wann gepflügt? Welche Betriebsmittel verwendet?“, erklärt Schauer. Die Software kann der Landwirt im Büro am PC oder direkt am Feld per Smartphone oder iPad bedienen. „Von der Aussaat bis zur Ernte werden alle Maßnahmen, die der Bauer am Feld macht, dokumentiert.“ Seine Arbeitsschritte kann der Landwirt über den AgrarCommander auch analysieren, die Plattform kann zur Planung und Verwaltung seines Betriebes und für Analysezwecke eingesetzt werden, um Prozesse im nächsten Jahr zu optimieren und das nächste Erntejahr mit den Erkenntnissen des letzten vorzuplanen.

„Mit dem AgrarCommander plant der Landwirt sein Erntejahr im Voraus, dokumentiert seine Tätigkeiten von der Aussaat bis zur Ernte und analysiert am Ende seinen Erfolg“, so Schauer. „Weg von der Zettelwirtschaft, hin zur digitalen Verwaltung.“ Inzwischen werden mit AgrarCommander zirka zwanzig Prozent der österreichischen Ackerfläche verwaltet. 3500 Betriebe haben den AgrarCommander installiert und über 260.000 Acker Hektar werden über die Software gemanagt. Die RWA ist investiert im AgrarCommander. “Wenn man seine eigenen Kosten nicht kennt, kann man seinen Betrieb nicht optimieren”, streicht auch Bio-Landwirt Manuel Nitschinger hervor, der den AgrarCommander seit 2015 benützt und bereits auf der Suche nach einer solchen Software war. Sein Tablet ist dabei direkt im Traktor mit dabei und zeichnet die getätigten Maßnahmen noch am Feld mit auf. Bevor der den AgrarCommander in Gebrauch hatte, musste er dies noch händisch oder per Excel-Tabelle abends nach der Feldarbeit eintragen.

Am Puls der Zeit

Investitionen in Agrar-Tech-Start-ups haben laut einem Report aus dem Jahr 2020 der Investment-Plattform „Agfunder“ von 2013 bis 2019 ein Wachstum von 370 Prozent verzeichnet und weltweit in knapp 700 Deals stolze 4,7 Milliarden US-Dollar eingesammelt.  Auch Österreichs Landwirtschaft geht einer digitalen Zukunft entgegen. „Für den Landwirt wird immer die Nutzenfrage im Vordergrund stehen“, meint auch Schauer. Wenn der Landwirt durch den Einsatz von digitalen Tools profitiert, wird er diese auch einsetzen. Wo der Landwirt Nutzen sieht, ist aber durchaus auch ein subjektives Thema. Der „Beregnungsplan“, ein Projekt der Boku im Rahmen des Forschungsprojektes EO4-Water, der basierend auf Daten des Sentinel-Satelliten die Bewässerung von Feldern effizienter gestalten sollte, scheiterte laut Claudia Mittermayr am Nutzenfaktor. Sie hat das Projekt entwickelt und in den Lagerhäusern angeboten. Die Idee war es, mithilfe von Satellitenbildern den Beregnungsbedarf zu ermitteln, um einen Beitrag zur ressourcenoptimierten Bewässerung zu leisten. Landwirte in Regionen mit genügend Wasseraufkommen haben allerdings noch keinen starken Druck rund um eine Effizienzsteigerung bei der Wassernutzung gesehen und haben das Tool daher nicht genutzt. „Ich bin mir aber sicher, dass es auch hier früher oder später ein Umdenken gibt“, meint Mittermayr.

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