EuGH gegen Karlsruhe - der Machtkampf um EU-Kompetenzen

President of Germany's Constitutional Court Vosskuhle arrives for the verdict on the ban of the far-right NPD in Karlsruhe
President of Germany's Constitutional Court Vosskuhle arrives for the verdict on the ban of the far-right NPD in KarlsruheREUTERS
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Mit einer Klage gegen Berlin im Streit um EZB-Anleihekäufe hat Brüssel eine juristische und politische Bombe gezündet. Es geht um nicht weniger als die künftigen Grenzen nationaler Souveränität.

Mit einem Mal steht die Macht der Institutionen der EU infrage: In einem Rechtsstreit um die Legitimation des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB) geht die EU-Kommission aufs Ganze und riskiert einen politischen Konflikt mit dem größten Mitgliedstaat. Sie hat diese Woche eine Klage gegen Deutschland wegen der Einmischung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe in die Unabhängigkeit der EZB eingebracht. Letztlich geht es um nicht weniger als um die Frage, ob künftig EU-Recht oder nationales Recht Vorrang haben soll.

Der Europarechtsexperte Walter Obwexer von der Universität Innsbruck spricht von einer juristischen „Bombe“, denn in diesem „Machtkampf“ wird entschieden, „wo die Kompetenzen liegen“. Die Karlsruher Höchstrichter hatten im Mai des vergangenen Jahres das EZB-Anleihekaufprogramm PSPP zur Stabilisierung des Euro an nationale Entscheidungen gebunden. Die EZB müsse, so ihr Urteil, zuvor jeweils die Verhältnismäßigkeit nachweisen, sonst dürfe sich die Deutsche Bundesbank nicht daran beteiligen. Das hat die EZB getan. Kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht sogar endgültig die Legitimität solcher Ankäufe bestätigt. Das Problem blieb aber für Brüssel darin bestehen, dass Karlsruhe hier nicht zum ersten Mal in Kompetenzen der EU eingegriffen hat. Schon im Rahmen des Lissabon-Vertrags hatten die Karlsruher Richter eine nationale demokratische Legitimation für alle neuen Zuständigkeiten der EU als Grundvoraussetzung festgeschrieben. Und auch in Folge nutzte das Gericht Klagen wie jene von AfD-Kreisen zum EZB-Ankaufprogramm, um der einzelstaatlichen Einflussnahme Vorrang zu geben.

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