In Sachen „Eurofighter“ lief ein „heimliches“ Verfahren gegen Karl-Heinz-Grasser – war das rechtens?
Acht Jahre lang, von 2011 bis 2019, war ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser offen. Der Verdacht: Korruption im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung. Wie „Die Presse“ aufgezeigt hatte, wusste Grasser all die Zeit gar nicht, dass er beschuldigt wird – und konnte daher auch seine Beschuldigten-Rechte nicht wahrnehmen.
Gegen den damaligen Eurofighter-Staatsanwalt Michael Radasztics – er hat auch im Eurofighter-U-Ausschuss ausgesagt – wurde von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt eine Amtsmissbrauchs-Anklage eingebracht. Eben weil er das Verfahren gegen Grasser so lange „köcheln“ ließ. Genau genommen hat der Staatsanwalt dieses Verfahren 2013 abgebrochen. Aber nicht eingestellt. Mittlerweile ist es sehr wohl vom Tisch.
Was aus den Vorwürfen gegen den Ankläger wird, ist zum Teil noch in Schwebe. Denn der vormalige Eurofighter-Staatsanwalt konnte punkten: Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab seinem Einspruch gegen die wider ihn erhobene Amtsmissbrauchs-Anklage statt. Es wies dieselbe vorläufig zurück. Und verfügte die „Ausermittlung des Sachverhalts“.
Warum das? Wurde schlampig ermittelt? Nicht unbedingt. Es geht um etwas anderes: Der Staatsanwalt konnte glaubhaft machen, dass das von ihm vorgenommene Abbrechen eines Verfahrens innerhalb der Behörde Usus gewesen sei. Auch die Oberbehörde und sogar das Justizministerium hätten von dieser Praxis gewusst.
„Struktureller Amtsmissbrauch"
Die Strafprozessordnung regelt das Abbrechen eines Ermittlungsverfahrens (§ 197 StPO). Ein solcher Schritt wird etwa gesetzt, wenn der Beschuldigte flüchtig ist. Im Laufe der Zeit wurde es offenbar zur Praxis, dass die Staatsanwälte diesen Paragrafen analog auch in Finanzstrafverfahren heranziehen (etwa, wenn sie auf einen Bescheid warten). Auch sonst sei die analoge Anwendung dieses Paragrafen „Usus“ gewesen, argumentiert nun der Ex-Eurofighter-Staatsanwalt. Mit Erfolg.
Das OLG bescheinigte zwar, dass die analoge Anwendung dieser Gesetzesstelle „rechtlich nicht gedeckt“ sei. Somit handelten offenbar auch andere Ankläger in anderen Causen rechtsirrig. Aber: Amtsmissbrauch begeht nur, wer seine Befugnis wissentlich missbraucht. Diese Wissentlichkeit gelte es laut OLG zu beweisen, will man den Ankläger anklagen.
„Wenn es stimmt, was der Staatsanwalt sagt, dann wurde das analoge Heranziehen dieses Paragrafen jahrelang geduldet. Und ja: Wenn das stimmt, dann handelt es sich um strukturellen Amtsmissbrauch“, ärgert sich Anwalt Manfred Ainedter. Er vertritt Grasser im Verfahren gegen den Staatsanwalt. Dem Ex-Finanzminister kommt in eben diesem Verfahren die Rolle des Opfers zu.
Übrigens: Ein anderer Vorwurf gegen den Ankläger (Nicht-Enthebung eines befreundeten Sachverständigen) wurde per OLG-Entscheidung endgültig begraben.