Elektro-SUV

Fast schon Normalo: Elektro ohne Abenteuer

Der größere Bruder des ID.3 und eng verwandt mit Skoda Enyaq und Audi Q4 e-tron: VW ID.4.
Der größere Bruder des ID.3 und eng verwandt mit Skoda Enyaq und Audi Q4 e-tron: VW ID.4.Fabry
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Fahrbericht ID.4: Fast ein typischer Familien-Van von VW, nur viel unterhaltsamer in elektrischer Variante.

Fast muss man sagen: Hier ist das Original, denn die technische Basis von VWs ID.4 ist mittlerweile auch als Skoda Enyaq und Audi Q4 e-tron unterwegs. Gratulation an die Stylisten, denn auf den ersten Blick sieht man das wirklich nicht.

Der ID.4 ist preislich in der Mitte positioniert, der günstigere Deal ist mit dem Škoda zu machen, der salbungsvolle Premium-Auftritt mit dem Audi. Der Rest ist Geschmackssache. In seiner Erscheinung liegt der ID.4 als typischer VW irgendwo zwischen imposant und eh bodenständig, ein feiner Grat, der da gekonnt beschritten wird.

Als „First Edition“ für früh Entschlossene schöpft unser Testexemplar die Möglichkeiten der Baureihe aus: Große Batterie (77 kWh netto), 150 kW Leistung, kein Raum mehr für Extras, weil schon alle an Bord sind. Mehr kann der ID.4 dann nur noch als Variante GTX – mit noch mehr Leistung durch einen zweiten E-Motor (an der Vorderachse), der damit auch Allradantrieb sicherstellt.

Chattanooga Choo Choo

In jedem Fall haben wir es mit dem bislang geräumigsten Elektro-Offert aus dem Hause zu tun, eine etwas größere ID-Variante wird nur in und für China produziert. Der ID.4 ist damit auch das Elektroauto, mit dem VW den US-Käufern die Antriebsart schmackhaft machen will, die Produktion der Baureihe im US-Werk Chattanooga startet im nächsten Jahr. Verkäufe von insgesamt 100.000 ID.4 hat sich VW für dieses Jahr vorgenommen, das beschreibt in etwa auch die Kapazität des Werks in Zwickau (dem Werk Emden ab dem nächsten Jahr beispringen wird).
Der erste Platz unter den Batterie-Elektrischen in Europa wäre indes schon errungen, und im Vergleich sah das im April so aus: 17.763 VW Golf (dritter Platz gesamt), 7335 ID.4. Keine Welten mehr also zwischen konventionellem und elektrischem Bestseller.

Interieur gelungen und hochwertig, die Lenkradtasten haben's haptisch nicht drauf.
Interieur gelungen und hochwertig, die Lenkradtasten haben's haptisch nicht drauf. Fabry

Startklar ist der ID.4, sobald man Platz genommen und die Bremse gedrückt hält, einen Startknopf (den es zwar gibt) muss man nicht betätigen. Nur den Wählhebel auf dem Armaturenbrett auf D und dann gleich auf B stellen, um in den Genuss der Rekuperation zu kommen. Wann wollte man das nicht? Nur Überland, auf der Autobahn, in der Stadt lässt man sich die Bremserei gern abnehmen, zumal dadurch Bremsenergie zurück in den Akku strömt.
Dass das Auto wie jedes BEV schön elastisch am Fahrpedal hängt und in jeder Lage unterhaltsam durchzieht, aber die fast verwegene Spritzigkeit des kleineren ID.3 vermissen lässt, liegt auf der Hand: Mit 2124 kg ist der knapp 4,6 Meter lange ID.4 ein richtig schwerer Brummer – das Schicksal aller BEVs, die energiemäßig für längere Ausdauer konzipiert sind.

Was Pendler brauchen

Die Reichweite mit bis an die 500 Kilometer bei vollem Ladestand ist tatsächlich in einem Bereich, der über den täglichen Pendelbedarf in aller Regel weit hinausgeht. Für unsere Testfahrten errechneten sich knapp 430 Kilometer: Das Ergebnis von 77 kWh Batteriekapazität dividiert durch unseren Schnittverbrauch von 18 kWh/100 km (dies ein guter Wert übrigens, im elektrischen Mini letztens kamen wir auf 16,3 kWh). Muss zwischendurch schnell (DC) geladen werden, geht das mit bis zu 125 kW, die an den Ladesäulen der Wien Energie gebotenen elf kW (AC) lassen sich voll ausschöpfen. Auch hierbei dauert es nicht lang, bis der Aktionsradius wiederhergestellt ist; wer (ungestraft) lieber länger stehen möchte, aktiviert die Funktion langsames Laden.
Dass der ID.4 als SUV angepriesen wird, ist dem diesbezüglichen Trend geschuldet, tatsächlich vermittelt er mehr den guten, freundlichen Charakter eines geräumigen Familien-Vans, dem quasi nur die Schiebetüren fehlen.

543 Liter Laderaum bei aufgestellter Rücksitzbank: Family-Van-artige Platzverhältnisse an Bord des ID.4.
543 Liter Laderaum bei aufgestellter Rücksitzbank: Family-Van-artige Platzverhältnisse an Bord des ID.4.Fabry


Der ID.4 ist ein bemerkenswert gut abgestimmtes Auto. Die Lenkung, durch den Heckantrieb von Einflüssen des Antriebs freigespielt, ist leichtgängig und genau, die Federung sanft bis knuffig und das Fahrverhalten gutmütig. Zumindest auf diesem Ausstattungsniveau lassen Inneneinrichtung und Materialauswahl nichts zu wünschen übrig; was man benörgeln kann, sind die ungeschickten Lenkradtasten und die ärgerlichen Slider, die eine eigene Art der Fingerführung erzwingen wollen, um gut zu funktionieren. Aber das ist ein allgemeines VW-Thema.

Als Zweitauto in jeder Hinsicht überdimensioniert, wäre dies das Normalo-Vehikel für Alltag, aber eben auch Familie und Urlaub – mit etwas Planung fast schon fad ohne große Lade-Abenteuer.

VW ID.4 Pro Performance "First Edition"

Maße L/B/H 4584/1852/1612 mm. Radstand 2766 mm.
Leergewicht (EU) 2124 kg. Kofferraumvolumen 543 Liter.
Antrieb Permanenterregte Synchronmaschine a. d. Hinterachse, Leistung max. 150 kW (204 PS); 310 Nm.
Lithium-Ionen-Batterie, 77 kWh netto.
0–100 in 8,5 sec. Vmax 160 km/h.
Testverbrauch 18,0 kWh/100 km.
Reichweite 522 km nach WLTP, Reichweite real ca. 450 km.
Preis 57.390 Euro („1st Edition“)

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