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Verdichtung, Ausweitung und flexible Ortswahl

Luxusimmobilien
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Niederösterreich. Der Speckgürtel ist gut nachgefragt, was neue Lagen attraktiv macht.

  • Mitte vergangenen Jahres sah es eine Weile fast so aus, als kämen in Baden die seligen Zeiten der frühen Zehnerjahre zurück, als russische Investoren alles an Luxusimmobilien kauften, was zu haben war. Und das zu Preisen, die weit von dem entfernt waren, was unter den Begriff „marktgerecht“ fällt. „Ganz so stark wie damals die russische Nachfrage war es im Vorjahr nicht, aber Baden wird sehr gut nachgefragt und ist nach wie vor bei ausländischen Kunden durch seine historische Bausubstanz bekannt“, berichtet Karin Bosch, bei SReal für den Bereich Niederösterreich und Premium Immobilien verantwortlich.

Rückkehr zur Normalität

Nach dem Boom des vergangenen Sommers – als der Wunsch nach einer stadtnahen Immobilie im Grünen aus bekannten Gründen genauso an Intensität zunahm wie das Bedürfnis, in sichere Anlageformen wie Immobilien zu investieren – erlebte der Speckgürtel einen Boom, der sich aber Ende des Jahres wieder abschwächte. „Das hat sich jetzt auf dem Niveau von Vor-Corona stabilisiert“, berichtet Bosch. Allerdings sind die Käufer nach wie vor etwas flexibler, was die Lagen angeht. Zum einen weitet sich der Luxusspeckgürtel genauso aus wie jener im mittleren und günstigeren Segment; zum anderen findet eine Verdichtung statt, wie Oskar Beirer, seit Beginn des Jahres Engel-&-Völkers-Lizenznehmer in Baden, berichtet. „Meiner Einschätzung nach wird es sich weiter verdichten. In Gemeinden wie Gumpoldskirchen, Kottingbrunn oder Leobersdorf gibt es noch Gebiete, die bisher wenig Beachtung fanden, weil das Angebot in Baden und Mödling groß genug war“, so der gebürtige Wiener Neustädter.

Was sich unter anderem an den Grundstückspreisen zeige. So liegen die Preise für den Boden im Zentrum Badens oder Bad Vöslaus bei 900 bis 1000 Euro pro Quadratmeter; etwas weiter außerhalb sei man dann aber schnell bei nur mehr 150 Euro. „Allerdings dort, wo man vor zwei Jahren noch 70 oder 80 Euro gezahlt hat“, so der Makler. Diejenigen, die sich beim berühmten Lage-Lage-Lage-Spiel nicht auf buchstäbliches Neuland einlassen wollen, sind außerdem bereit, innerhalb der etablierten Luxusadressen etwas flexibler zu sein.

Clemens Fabry

Flexibler bei den Lagen

Die Fixierung auf bestimmte Bezirke oder Postleitzahlen habe in den vergangenen Jahren spürbar nachgelassen, berichtet Bosch: „Früher brachte man einen Hietzinger nicht nach Döbling, das ist für manche heute nicht mehr so ein Thema. Genauso erlebe ich es jetzt bei Kunden, dass nicht mehr nur Mödling infrage kommt, sondern auch der Brunner Berg. Und es muss nicht mehr unbedingt Maria Enzersdorf, die Hinterbrühl oder die 2380 von Perchtoldsdorf sein“, weiß Bosch um die magische Postleitzahl, die im Speckgürtel das Äquivalent zur 1010 in Wien ist. Gefragt seien jetzt auch Liegenschaften, die sich südlich davon am Hügel neben dem Naturschutzgebiet befinden, „wo man um 6000 bis 7000 Euro pro Wohnquadratmeter schon etwas Schönes samt Auffahrt bekommt“, berichtet die Maklerin, über mögliche Kompromisse. Ähnliches sei im Westen zu beobachten, wo für Käufer der „Ich will nicht gefunden werden“-Community die Gegend zwischen Purkersdorf und Pressbaum durchaus interessant geworden sei, so Bosch weiter. Eine Nachfrage, die auch Beirer beobachtet, genauso wie ein Ausweichen Richtung St. Pölten, aber auch nach Osten Richtung Parndorf. „Da ist die Zuganbindung oft ähnlich gut wie nach Baden“, weiß er. „Denn die Kilometer, die es mehr sind, werden dadurch aufgewogen, dass es wesentlich weniger Stopps gibt und man genauso schnell im Zentrum ist.“ Außerdem neu auf dem Radar der gehobenen Heimarbeiter, die jetzt und wohl auch in Zukunft nicht mehr jeden Tag nach Wien in das Büro pendeln müssen, sind Orte wie etwa Bruck an der Leitha, wo vor allem Landhäuser mit viel Grund drum herum gesucht werden, die noch unter einer Million zu haben sind.

Hohes Transaktionsvolumen

Wie rege die Aktivität vor den Toren der Stadt ist, zeige auch das Transaktionsvolumen, betont Beirer: „Das lag im auch schon nicht schlechten Jahr 2020 bei 40 Millionen, heuer haben wir bereits jetzt die 30 Millionen erreicht“, berichtet er. Zahlen, die sich zwar nicht ausschließlich auf reine Luxusobjekte beziehen, aber zumindest auf das gehobene mittlere Segment. Im Norden Wiens herrscht ebenfalls geschäftiges Treiben, wie Peter Marschall, Inhaber des gleichnamigen Immobilienbüros, berichtet. „Klosterneuburg boomt, dort ist die Nachfrage enorm“, sagt der Makler. Hier lasse sich vor allem beobachten, dass der Trend, unbedingt einen U-Bahnanschluss vor der Tür haben zu wollen, der dem „erweiterten 19. Bezirk“ vor Corona ein wenig zu schaffen gemacht hat, abgeflaut ist. Was Lagen wie den Ölberg als traditionelle Luxuslage des Nordens wieder interessanter mache. Die Preise steigen laut Marschall derzeit wieder, „allerdings liegen sie nach wie vor rund 30 Prozent unter jenen in Wien“, weiß der Makler.

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Neue Verkäufer

Das wird laut Beirers Einschätzung – Garten hin, Garten her – auch langfristig so bleiben, denn ab einer gewissen Summe seien die Anforderungen an die Lage dann einfach andere: „Wer über 2,5 Millionen ausgibt, der sucht, wenn er nicht selbst übersiedelt, etwas für das Portfolio. Da investiert man nicht in Baden acht oder zehn Millionen, sondern mit einer Postleitzahl wie 1130 oder 1190“, weiß er. Die Preisklasse bis zu zwei Millionen sei dagegen im Speckgürtel derzeit stark gefragt.

Neben der großen Nachfrage hat die Krise aber auch eine neue Gruppe von potenziellen Verkäufern hervorgebracht: Jene, die es nicht so kommod durch die Krise geschafft haben oder aus anderen Gründen verfügbares Kapital benötigen. „Da haben wir zunehmend Anfragen von älteren Menschen, die ihr Haus verkaufen, aber darin wohnen bleiben wollen“, berichtet Bosch.

Angebote, für die sich durchaus auch Käufer und Investoren finden, die sich gern wahlweise auf ein Arrangement mit lebenslangem Wohnrecht und günstigerem Kaufpreis einlassen oder das Objekt zum vollen Marktwert kaufen und dann an die derzeitigen Besitzer zurückvermieten. (sma)

AUF EINEN BLICK

Auch wenn der ganz große Boom des vorigen Sommers gegen Ende des Jahres wieder abgeflaut ist, bleiben die Lagen rund um die Hauptstadt interessant. Hier gibt es nach wie vor mehr Platz und Grün um rund 30 Prozent weniger Geld als mit einer Wiener Postleitzahl, was in Home-Office-Zeiten und -Perspektiven zu einem erhöhtem Transaktionsvolumen und zu einer neuen Flexibilität bei der Auswahl der Adressen führt. Auch neue Verkäufer treten auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2021)

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