„Wir sind nichts und wir bieten nichts“

HR Lounge. Es sind überraschende Worte, mit denen Josef Buttinger sein Netzwerk für Personalchefinnen und -chefs beschreibt. Dem Zulauf tut das keinen Abbruch.

Die Idee wurde in Linz geboren. Warum, dachte sich Josef Buttinger, damals Regionalleiter beim Personaldienstleister Manpower, gibt es keine regelmäßigen Treffen von Personalleitern, die sich ohne Programm, ohne Statut, ohne Geschäftsmodell einfach nur treffen und austauschen können? In geschütztem Rahmen über jene Themen reden können, die sie im Alltag beschäftigen? Gesagt, getan. 2008 gründete Buttinger die Oberösterreichische HR Lounge. Zehn bis 15 Personalleiter wünschte er sich an Bord.

Es wurden immer mehr. Als sich dann auch noch Wiener auf den Weg über die Westautobahn machten, eröffnete er 2012 einen Ableger in Wien. Auch der wuchs stetig. 140 Mitglieder zählt die OÖ-Einheit heute, 160 die Wiener. An seinem ersten Klubabend nach der erzwungenen Coronapause wird Buttinger, inzwischen Präsident der HR Lounge und Managing Director von Hill International, wieder ein paar neue vorstellen: „Beim Aufnahmegespräch sage ich jedem: ,Wir sind nichts und wir bieten nichts.‘ Wer seinen Abend nur opfert, um sich bei einem Vortrag fachlich vollzusaugen, der ist fehl am Platz.“ Dafür gebe es bessere Formate: „Unsere Mitglieder wissen, wo sie Fachliches oder eine Dienstleistung herbekommen. Zu uns kommen sie wegen des ungezwungenen Austauschs unter Gleichrangigen.“

Das führt ihn zur zweiten Aufnahmebedingung: Buttinger akzeptiert nur Personalchefinnen und -chefs. Keine Geschäftsführer, die „auch“ das Personalwesen auf ihrer Agenda haben; keine HR-Mitarbeiter, die aufschnappen könnten, was ihre Chefs planen: „Die Mitglieder sollen einander ungefiltert fragen können: ,Sag, wie gehst du dieses Thema an?‘“

Austausch über alles

400 Mitgliedsanfragen, sagt Buttinger, habe er wegen seiner strengen Selektion schon ablehnen müssen: „Ich lasse mir immer das Organigramm zeigen. Der Name muss in einem eigenen Kasterl ,Personalleitung‘ stehen. ,Personal, Recht & Organisation‘ geht auch. Dann darf der Kandidat hinein.“ Und muss wieder hinaus, wenn sich an der Position etwas ändert.

Jeder der fünf Klubabende pro Region und Jahr findet bei einem anderen Mitglied statt. Dieses stellt sein Unternehmen vor und spricht über seine HR-Themen und -Projekte. „Das Personalwesen an sich ist von der Branche nicht abhängig. Trotzdem freut sich jeder, einmal eine andere kennenzulernen.“

Vor allem ist jeder dankbar, sich von der Seele reden zu können, was sich im Coronajahr angestaut hat. „Viele sagen, dass sie sich sehr allein auf ihrem Sessel fühlen.“ HR stand in der Pandemie wenig im Rampenlicht, trug aber schwere Last: Kurzarbeit, Personalanpassungen, Home-Office-Regelungen oder Führung aus der Ferne, um nur einige zu nennen. Das dreht sich gerade. Jetzt schieben sich Themen wie Back-to-Office und flexible neue Organisationsformen auf die Agenda. „Bei uns holt sich die Jungakademikerin, die neu in ihrer Funktion ist, vertrauensvoll Tipps vom alten Hasen, der schon lang Konzern-HR-Direktor ist.“ Richtig familiär sei das – und nichts dringe nach außen.

Gern erzählt Buttinger die Anekdote eines neuen Mitglieds, das zum ersten Mal zu einem Treffen kam: „Es dachte, da feiert jemand im Kreis seiner Familie einen runden Geburtstag. Weil sich alle so herzlich begrüßt haben.“

Der erste (reale!) Klubabend der HR Lounge nach der Coronapause finden am 15. Juni ab 17 Uhr im K47 Wien Penthouse, 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 47, statt. „Die Presse“ ist Medienpartner. www.hr-lounge.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2021)

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