Unterwegs

Belgiens Sprachgrenze

Flamen nach Wallonien, Wallonen nach Flandern: Belgiens Sprachgrenze verschwindet im Urlaub.

Der große Bevölkerungsaustausch, den Rechtsradikale herbeifantasieren: In Belgien wird er Wirklichkeit. Und zwar in der Form, dass die Wallonen und Brüsseler die flämische Nordseeküste stürmen, die Flamen hingegen während sämtlicher Ferien die Ardennen überrennen.

Als wir zuletzt das Wochenende nach Christi Himmelfahrt in Knokke verbrachten, hatten wir das Gefühl, halb Brüssel sei ebenfalls hier, um bei zwölf Grad und Regenschauern auf das Meer zu starren. Hingegen gibt es Gemeinden in den Ardennen, in denen mehr als ein Drittel aller Grundstückskäufe von Flamen getätigt werden.

Allerdings führt das kaum zur erhofften Dynamisierung dieser zwar landschaftlich bildschönen, doch ziemlich isolierten Gegenden entlang der französischen Grenze. Die Flamen nutzen ihre Häuser in den Ardennen nur als Ferienwohnsitze. Darum zahlen sie mit Ausnahme einer dreistelligen Taxe keine Grundsteuer. Hingegen treiben sie die dortigen Immobilienpreise in die Höhe. Für junge örtliche Familien eine Doppelzange: Sie müssen weiterhin und oft vergebens um den Erhalt der Dorfschule kämpfen, können sich zugleich aber den Kauf des Eigenheims immer seltener leisten.

Am anderen Ende des Landes, im Ortsteil La Zoute von Knokke, sind solche Nöte unvorstellbar. Eine Villa neben der anderen, prächtige Anwesen, erstaunlich wenig Protzkitsch. Das tröstet über die grausam verbaute Küste im Stadtkern von Knokke hinweg: Doch über die haben wir hierorts schon vor mehr als zehn Jahren den Stab gebrochen, da gibt es nichts mehr hinzuzufügen.

oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2021)

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