Karl will Schützenhilfe des Präsidenten

(c) Clemens Fabry
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Semesterstart. Ministerin Beatrix Karl setzt in der verfahrenen Uni-Debatte auf Bundespräsident Heinz Fischer und die „konstruktiven“ Stimmen der SPÖ.

Die Presse: An den meisten Hochschulen startet heute der Lehrbetrieb – unter denkbar schlechten Bedingungen. Wie rechtfertigen Sie das vor den Studierenden?

Beatrix Karl: In einigen Bereichen sind die Studienbedingungen für Lehrende und für Studierende tatsächlich unzumutbar. Es kann nicht sein, dass Studierende gar nicht in Hörsäle hineinkommen, weil sie so überfüllt sind. Um mehr Qualität zu erreichen, sind Zugangsregelungen nötig. Das sieht mittlerweile unter anderem auch Bundespräsident Heinz Fischer so, der gesagt hat, dass man den Zugang regeln muss, damit die Qualität der Unis steigt.

In manchen Fachrichtungen gibt es bereits Zugangsbeschränkungen, das führt immer zu Verdrängungseffekten auf andere Bereiche. Wo befürchten Sie neue Engpässe?

Wir müssen dafür sorgen, dass es nicht so weit kommt. Wir haben auch altbekannte Studienrichtungen, wo es Probleme gibt, etwa an der WU. Viele beginnen, nur ein Bruchteil schließt das Studium ab. Wir haben an der WU zum Teil Drop-out-Raten von bis zu 80 Prozent. Das ist untragbar.

Die Politik behauptet gerne, viele würden sich nur nicht rechtzeitig überlegen, ob sie das richtige Studium gewählt haben. Die ÖH hingegen sieht den Grund in schlechten Studienbedingungen und langen Wartezeiten.

Beides ist richtig. Wir müssen bereits die Schüler besser informieren. Da habe ich mit Ministerin Schmied und der ÖH ein Maßnahmenpaket geschnürt. Und was wir zum Beispiel bei der Publizistik gesehen haben: Aufnahmetests führen dazu, dass sich Erstsemestrige einer Selbstreflexion unterziehen und sich genauer überlegen, ob sie das Studium tatsächlich wollen.

Auch die Studiengebühren haben dazu geführt, dass die Studienzeit gesunken ist. Bemerken Sie seit der Abschaffung einen entgegengesetzten Effekt?

Tatsächlich ist es so, dass die Studienzeit kürzer war, solange Beiträge eingehoben wurden. Ich habe als Professorin bemerkt, dass Studierende bemüht waren, ihr Studium rascher abzuschließen. Die Studierenden waren leistungsorientierter.

Sie sprechen immer davon, die Qualität steigern zu wollen. Ist die Qualität der Unis derzeit so schlecht?

Bei den bestehenden Rahmenbedingungen ist es für die Unis kaum möglich, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Auch unsere Studierenden müssen top ausgebildet sein. Sonst können sie international nicht reüssieren.

Die Rektoren haben sich mit harten Worten gegen die Blockadepolitik der Regierung gewandt. Haben Sie Verständnis für diese Vehemenz?

Ich verstehe die Sorgen und Anliegen der Rektoren. Bis 2012 ist das Budget der Universitäten aber gesichert. Ab 2013 stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Da brauchen die Unis mehr Geld.

Erstmals soll es ein Treffen der Uni-Chefs mit der Regierungsspitze geben. Was können sich die Rektoren davon erwarten?

Es wird wichtig sein, bei dem Gespräch die Fakten auf den Tisch zu legen und zu bekräftigen, wofür die Unis das Geld benötigt.

Besteht denn tatsächlich die Gefahr, dass Kanzler und Vizekanzler bis heute nicht verstanden haben, wofür dieses Geld benötigt wird?

Ich gehe sehr wohl davon aus, dass die Regierungsspitze Interesse an qualitativ hochwertiger Bildung hat. Die Studierenden und die Forschung spielen eine entscheidende Rolle für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort.


Die SPÖ sperrt sich gegen so gut wie alle Ihre Vorschläge. Wie wollen Sie den Koalitionspartner jetzt überzeugen? Hoffen Sie auf den Einfluss des zuvor erwähnten Bundespräsidenten?

Heinz Fischer war Wissenschaftsminister, kennt sich also im Bereich bestens aus. Er könnte in der SPÖ aus eigenen Erfahrungen heraus die notwendigen Maßnahmen ansprechen. Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller hat sich zuletzt für Studienbeiträge ausgesprochen. Ich hoffe, dass sich die konstruktiven Stimmen in der SPÖ langsam mehren.

Uneinigkeit herrscht bei der Studieneingangsphase. Grundsätzlich ist diese paktiert. Sie sprechen gerne von Aufnahmetests am Ende der Phase, Schulministerin Claudia Schmied scheint da aber nicht mitgehen zu wollen.

Eine Eingangsphase ohne Aufnahmeverfahren ist schon jetzt möglich. Das neue Modell muss besser sein, Studierenden mehr Fairness und Unis Planbarkeit bringen.

Einige Unis haben angekündigt, Studienrichtungen zu schließen, wenn es zu Budgeteinsparungen kommt. Wäre das System damit am Ende?

Solche Maßnahmen sind nicht geeignet, die Qualität zu verbessern. Wir benötigen andere Lösungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2010)

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