Sie sind ein Relikt aus Zeiten, in denen Alkohol vor oder bei der Arbeit noch nicht sozial geächtet war. Die „Brandineser“ und Likörstuben sind im Stadtbild mittlerweile sehr rar geworden.
Nicht immer hatte der Briefträger bei seinem Besuch auch wirklich Post dabei. Doch der Zustellwagen vor der Tür der Branntweinschenke gehörte irgendwie dazu damals. Noch mehr, der Postler beim Branntweiner war fast schon ein klischeehafter Teil des Wiener Stadtbildes. Eines Stadtbilds, das heute fast nur noch in nostalgischen Rückblicken zu finden ist. Denn der „Brandineser“, wie diese Art Lokal in Wien auch genannt wurde, ist längst zu einem seltenen Kuriosum geworden.
„Nach dem ersten Weltkrieg hat es 800 Branntweiner gegeben“, sagt Franz Sveceny. Der 82-Jährige ist einer der letzten in Wien, der eine Branntweinschenke betreibt – nur noch vier Einträge finden sich im Firmen-ABC auf der Website der Wirtschaftskammer. Und die Erklärung, dass es sich um eine Betriebsart handelt, „die insbesondere durch eine auf rasche Abfertigung der Gäste eingestellte Betriebsführung gekennzeichnet ist“.
„Früher haben wir in Floridsdorf viel Industrie gehabt“, erzählt Sveceny. Da seien in der Früh regelmäßig 40 bis 50 Mitarbeiter der umliegenden Betriebe vorbeigekommen. „Die haben hier gefrühstückt – eine Semmel und einen Tee.“ Tee? „Ja, schon mit einem Rum drin.“ Das sei ein schönes Geschäft gewesen. „Wir haben jeden Tag die gleichen Kunden gehabt, die haben nicht lang hin und her getan.“