Gipfeltreffen

Die G7-Staaten streben einen härteren China-Kurs an

APA/AFP/LUDOVIC MARIN
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Führende westliche Industriestaaten und vor allem EU-Länder sollen den größten Teil der finanziellen Mittel für Impfstoffe zur Verfügung. Mit Den Umgang mit China wolle man künftig besser koordinieren.

Die G7-Staaten bekennen sich zu ehrgeizigen Klimazielen und streben einen härteren Kurs gegenüber China an. In der Abschlusserklärung ihres Gipfels im südenglischen Cornwall wollen sich die führenden westlichen Industrienationen nach einem Entwurf deutlich gegen unfaire Handelspraktiken, Menschenrechtsverstöße und das Vorgehen von Chinas Führung in Hongkong wenden. Beim Klimaschutz wollen sie sich erstmals geschlossen hinter das Ziel der Klimaneutralität ab 2050 stellen.

Das Versprechen, ärmere Länder mit Milliarden Impfdosen im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu unterstützen, sorgt unterdessen weiter für Kritik und Verwirrung. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bekräftigte, dass es um 2,3 Milliarden Dosen bis Ende nächsten Jahres gehe. Entwicklungsorganisationen kritisierten das Impfversprechen der G7 als unzureichend. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt den Bedarf in ärmeren Ländern auf elf Milliarden Dosen.

EU betont Bedeutung der raschen Impfstoff-Verteilung

EU-Ratspräsident Charles Michel bezeichnete unterdessen das neue Engagement der USA und Großbritanniens für eine weltweite Verteilung von Corona-Impfstoff als eines der wichtigsten Ergebnisse des G7-Gipfels. Priorität sei es gewesen, sicherzustellen, dass der Bedarf an Impfstoffen gedeckt werden könne, teilte der frühere belgische Premierminister am Sonntag nach dem Spitzentreffen in Carbis Bay im englischen Cornwall mit. Die Partner hätten sich nun der EU angeschlossen, um die Produktion und Bereitstellung von Impfstoffen weltweit zu beschleunigen.

Zu den G7-Staaten gehören neben Großbritannien und den USA auch Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada. Für die Staatengruppe markiert der Gipfel in Cornwall einen Neustart nach der Ära von US-Präsident Donald Trump, in der dessen Abschottungspolitik die Gruppe an den Rand der Spaltung brachte. Nun wollen die USA und die anderen großen westlichen Demokratien wieder an einem Strang ziehen. US-Präsident Biden will die Staatengruppe vor allem durch eine harte Abgrenzung zu autoritären Staaten wie Russland und China zusammenschweißen.

„Kollektives Vorgehen“ im Umgang mit China

Merkel will einen Konfrontationskurs dagegen vermeiden. Im Entwurf für die Abschlusserklärung wird dieser Haltung entsprochen, indem auch gemeinsame Interessen an einer Kooperation mit China bei globalen Herausforderungen wie dem Klimaschutz und dem Erhalt der Biodiversität hervorgehoben wird. Es ist allerdings das erste Mal, dass die Kritik an China in einem Abschlusskommuniqué der G7 so deutlich formuliert wird.

So wollen sich die G7-Staaten im Umgang mit der zweitgrößten Volkswirtschaft "über ein kollektives Vorgehen absprechen, um marktwidrige Politik und Praktiken anzufechten, die den fairen und transparenten Ablauf der Weltwirtschaft untergraben", heißt es in dem Entwurf, der der dpa vorliegt. Über die China-Passage gibt es nach dpa-Informationen bereits eine abschließende Einigung. Die gesamte Erklärung soll am Nachmittag verabschiedet werden.

Auch wollen die G7-Staaten "unsere gemeinsamen Werte fördern". Dazu gehöre, dass China aufgefordert werde, Menschenrechte und fundamentale Freiheiten zu achten, "besonders hinsichtlich Xinjiang und jenen Rechten, Freiheiten und dem hohen Maß an Autonomie, das für Hongkong in der gemeinsamen Erklärung zwischen China und Großbritannien und dem Grundgesetz festgeschrieben ist".

Hongkong und Xinjiang als Hindernis

Damit bezieht sich die G7 auf die Vereinbarungen für die Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 an China, die der heutigen chinesischen Sonderverwaltungsregion eigentlich Autonomie und Freiheiten nach dem Motto "ein Land, zwei Systeme" garantieren. Nach anhaltenden Demonstrationen für mehr Demokratie in Hongkong hat Peking vor einem Jahr aber die Zügel enger gezogen und geht heute mit einem neuen Sicherheitsgesetz scharf gegen Oppositionskräfte vor.

Der Hinweis auf Xinjiang in dem G7-Papier bezieht sich auf den Vorwurf der Verfolgung der Minderheiten in der Nordwestregion, insbesondere der Uiguren. Menschenrechtsgruppen schätzen, dass Hunderttausende Uiguren, Kasachen, Hui oder Mitglieder anderer Minoritäten in Umerziehungslager gesteckt worden sind. China weist die Vorwürfe zurück und spricht von Fortbildungszentren.

Klimaneutralität bis 2050

Mit ihren Beratungen zum Klimaschutz bereiteten sich die Staats- und Regierungschefs auf die UN-Klimakonferenz im schottischen Glasgow im November vor. Sie stellten neue Anstrengungen in Aussicht, konnten sich aber nicht auf ein spezifisches Datum zum Ausstieg aus der Kohle einigen, wie Kanzlerin Merkel sagte. Das habe nicht an Deutschland gelegen, "andere haben da noch die Pläne nicht so weit verifiziert". Die Beschlüsse nannte sie trotzdem ein "starkes Bekenntnis".

Die G7-Staaten bekräftigten die Ziele im Pariser Klimaschutzabkommen, den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2030 um etwa die Hälfte gegenüber 2010 zu verringern. Alle G7-Staaten bekannten sich auch erstmals dazu, die Klimaneutralität bis spätestens 2050 zu erreichen. Das bedeutet, dass kein Kohlendioxid ausgestoßen wird oder CO2-Emissionen vollständig kompensiert werden.

100 Milliarden US-Dollar jährlich für arme Länder

Neue direkte Subventionen für fossile Energie sollen zudem auslaufen - damit wiederholten sie früher gemachte Zusagen. Hier sollen aber begrenzte Ausnahmen erlaubt werden. Auch Investitionen in Kohlekraftwerke sollen enden. Die G7-Staaten bekräftigten ferner ihre alte Zusage, für arme Ländern 100 Milliarden US-Dollar (rund 82,6 Milliarden Euro) jährlich zu mobilisieren. Damit sollen ärmere Staaten ihren Klimaschutz ausbauen und sich widerstandsfähiger gegen Auswirkungen wie Wetterextreme machen. Die Klimahilfen erreichen laut Oxfam bisher nur 39 Milliarden US-Dollar.

Das Pariser Klimaabkommen will die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen. Doch schon jetzt hat sich die Erde um rund 1,2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erhitzt. Die fatalen Folgen: Je nach Region gibt es mehr Hitzewellen und Dürren sowie starken Regen, Stürme, Unwetter und Überschwemmungen.

(APA/Reuters/dpa)

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