Insolvenzen

Deutlich weniger Firmenpleiten im ersten Halbjahr

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Die Zahl der Insolvenzen hat sich in Österreich trotz der Coronakrise fast halbiert. Insolvenz-Experten fordern jetzt ein Ende der staatlichen Eingriffe.

Am Beispiel der Insolvenzstatistik lässt sich der staatliche Einfluss auf die Wirtschaft gut zeigen: Trotz Coronakrise und monatelanger Lockdowns hat es im ersten Halbjahr 2021 so wenige Firmenpleiten gegeben wie seit über 40 Jahren nicht mehr. Grund dafür sind Hilfen wie Härtefallfonds, Umsatzersatz, Kurzarbeit oder Stundungen. Der Gläubigerschutzverband KSV1870 fordert ein Ende der staatlichen Eingriffe. Auch die Privatinsolvenzen waren rückläufig, wenngleich nur moderat.

"In einer gesunden Wirtschaft gibt es einen Reinigungseffekt und dieser findet derzeit nicht statt. Firmen werden am Leben erhalten, die nur noch dahin vegetieren", sagte KSV1870-Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. Diese Firmen müssten dann ganz geschlossen werden, womit auch die Jobs weg wären, statt sie in einem Sanierungsverfahren zu sanieren, so Götze. Aus Sicht des KSV sind Insolvenzen deshalb nicht nur etwas Schlechtes.

Verbindlichkeiten überproportional zurückgegangen

Laut einer Hochrechnung des Gläubigerschutzverbandes ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr um rund 48 Prozent auf 1000 Pleiten gesunken. Die geschätzten Verbindlichkeiten sind in diesem Zeitraum überproportional stark um 79 Prozent auf 365 Millionen Euro zurückgegangen. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten ist um rund 67 Prozent auf 3400 gesunken. Die Firmeninsolvenzen sind in ganz Österreich zurückgegangen, besonders stark in Salzburg (-64 Prozent), am wenigsten in Wien (-40 Prozent). "In Salzburg sind die Hilfen offensichtlich sehr gut angekommen", sagte Götze.

Unter den größten Pleiten des Halbjahres waren die Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. "die EIGENTUM" mit Sitz in Vösendorf, die Verlassenschaft des Palfinger-Firmengründers Hubert Palfinger sowie AIK Energy Austria GmbH.

Pleitewelle bisher ausgeblieben

Die befürchtete Pleitewelle ist bisher ausgeblieben. Im Herbst rechnen die Insolvenzexperten mit einem leichten Anstieg der Pleiten, 2022 dürften die Insolvenzen über dem Niveau des Jahres 2019 liegen. Die Nachzieheffekte würden sich in überschaubarem Rahmen halten, sagte KSV1870-Chef Ricardo-José Vybiral. Er rechnet mit einer Glättung über die nächsten Jahre hinweg. Weitere Maßnahmen der Regierung könnten die Prognosen von heute aber revidieren, räumte Götze ein.

Etwas anders verhält es sich mit den Privatinsolvenzen. "Private sind in unsicheren Zeiten eher vorsichtig und geben weniger Geld aus. Sie konnten auch weniger Geld ausgeben. Schulden entwickeln sich nicht in kurzer Zeit, sondern stauen sich über die Jahre auf", erläuterte Götze. Von Jänner bis Juni 2021 sind die Privatinsolvenzen daher nur leicht um rund 4 Prozent auf 3.250 Fälle gesunken. Gesetzliche Änderungen ab Juli dürften aber im Spätsommer zu einem Anstieg der Pleiten bei Privaten führen, der sich 2022 fortsetzen dürfte. Zum einen wird die Entschuldungsdauer von fünf auf drei Jahre herabgesetzt, zum anderen ändert sich die Exekutionsordnung.

(APA)

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