Wiener Ansichten

Wiens Gehsteig-Fleckerlteppiche: Was alles zu Musik werden kann

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Alles Harmonie? Ein Kunstprojekt bringt hiesige Baustellerei zum Klingen.

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Wie klingt die Metropole? Unsereiner mag bei dieser Frage vielleicht das Rollen des Straßenverkehrs, das Pfeifen schließender U-Bahn-Türen oder das Dröhnen von Presslufthämmern im Ohr haben. Für Walther Ruttmann und Edmund Meisel wiederum stand als Entree das Stampfen der Dampflokomotive im Mittelpunkt, als sie Mitte der 1920er darangingen, am Beispiel Berlin die „Sinfonie der Großstadt“ einzufangen, Ruttmann im Bild, Meisel in seiner zu Ruttmanns Stummfilm komponierten Musik.
Freilich, es kann auch sehr viel ruhiger und beschaulicher hergehen, wenn jemand Urbanität in Töne fasst. Und umso überraschender, wenn diese Töne einer Quelle entstammen, die für sich genommen gar keine Töne hat – und im Übrigen auch sonst eine Existenz jenseits unserer Alltagsaufmerksamkeit fristet.
Die Rede ist von den Flickstellen, die Umbauarbeiten in den Belägen unserer Gehsteige so oft hinterlassen. Ausgewählte Prachtexemplare dieser hierorts nicht gerade vom Aussterben bedrohten Stadtbild-Spezies hat die aus Osttirol stammende Künstlerin Katharina Schmidl in Musik verwandelt. Genauer: Für ihr Projekt „Wiener Gehsteigsequenzen“ hat sie die Trottoirmuster, die dadurch entstehen, in Lochstreifen umgesetzt und anschließend mittels Drehorgel zum Klingen gebracht.
Wie sich das anhört, das lässt sich via Smartphone derzeit an vier Stellen in der Josefstadt und einer in Neubau überprüfen (Näheres unter www.koer.or.at): den QR-Code, der auf dem Gehsteig aufgebracht ist, einscannen, den Film, der daraufhin sichtbar wird, abspielen – und einfach im selben Tempo die Gehsteigflickstelle entlangspazieren. Das Ergebnis? Gewiss, das hat kein Mozart komponiert und auch kein Johann Strauss, aber harmonischer als das, was wir sonst mit hiesiger Baustellerei verbinden, ist es allemal. Und genauso vergänglich . . .

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