Wiener Festwochen

Entbehrliches Theater samt Film aus dem Iran

Azade Shahmiris Weltpremiere des Theaterstücks „Quasi“ im Brut Nordwest enttäuschte auf der ganzen Line.

„Was passiert mit unvollendeten Werken? Was wird aus Geschichten, die kein Ende haben?“ Derartiges fragt sich Azade Shahmiri im Programm zu ihrem Stück „Quasi“, das am Montag bei den Wiener Festwochen Weltpremiere feierte. Eine mögliche Antwort: Manchmal wäre es besser, über Unfertiges den Schleier des Vergessens zu legen. Denn was die iranische Regisseurin (die 2019 im Nestroyhof mit „Voicelessness“ positiv auffiel) diesmal im „brut nordwest“ ablieferte, war ein misslungenes Experiment.

In zwei hermetischen Stunden erleidet man, wie ein Darsteller am Schreibtisch traumatische Erlebnisse (offenbar Gefängnis und Folter) von Zetteln liest, eine Darstellerin Kommentare zu einer vielleicht geisteswissenschaftlichen Arbeit in ein regelmäßig piepsendes Gerät diktiert und eine weitere Ansätze zum Tanzen zeigt. Sie spielt dabei zumeist mit ihren Zehen. Es geht um Verletzungen, der Ton ist recht getragen. Sollte das eine postmoderne Behandlung diverser narrativer Diskurse sein? Nein, sie sind auch gar nicht dramatisch, sondern nur fad.

Das gilt auch für die multimedialen Einsprengsel. Auf einem Screen werden Ausschnitte aus einem sonderbaren Film gezeigt – eine Gruppe meist noch junger Leute in einem Café in Teheran. Der Beipackzettel der Festwochen gibt Auskunft: Es handelt sich um vor 20 Jahren entstandene Aufnahmen, aus denen ein Spielfilm von Hamid Jafari werden sollte. Sie hätten inzwischen einen dokumentarischen Charakter, meint dieser Regisseur und Produzent. Mag sein. Auch vergilbte Aufnahmen beliebiger Maturakränzchen haben diesen Charakter und rufen bei Beteiligten Sentimentalität hervor. So schlecht gemacht können solche intimen Szenen gar nicht sein, dass sie bei Jubiläen ohne Rückwirkung blieben.

Tohuwabohu, vernebeltes Ende

„Quasi“ fehlt Überraschendes, es entwickelt keine Sogwirkung, bleibt fremd. Die Festwochen huldigen der Exklusion. Isar Aboumahboub, Naghmeh Manavi und Melika Shokri sprechen auf Farsi (Übertitel in English und Deutsch) durchwegs eintönig. Dieser Duktus lässt die Überwindung des Statischen nicht zu. Zwei Effekte am Ende wirken symbolisch: Der Vorleser türmt die wenigen Requisiten – Tisch, Sessel, Hocker, Mikro – zu einem Tohuwabohu auf und bedient eine Nebelmaschine. Langsam verschwinden seine Kolleginnen im Unbestimmten.

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