"Für unabhängige Justiz"

ÖVP-Abgeordneter Hanger unterschreibt Volksbegehren gegen Korruption

Am Dienstag wurde das Anti-Korruptionsvolksbegehren präsentiert. Am Bild fünf der Proponenten: Martin Kreutner, Christina Jilek, Heinz Mayer, Heide Schmidt und Michael Ikrath.
Am Dienstag wurde das Anti-Korruptionsvolksbegehren präsentiert. Am Bild fünf der Proponenten: Martin Kreutner, Christina Jilek, Heinz Mayer, Heide Schmidt und Michael Ikrath.APA/HELMUT FOHRINGER
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Der türkise Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss sieht in der Initiative die Chance, die unabhängige Justiz zu stärken. Auch Bundeskanzler Kurz hat seine Zustimmung signalisiert. Die FPÖ reagiert zurückhaltend.

Das Anti-Korruptions-Volksbegehren findet immer mehr Gefallen in der ÖVP. Als jüngster Unterstützer outete sich am Mittwoch deren Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss Andreas Hanger, der den Fokus auf seine Partei bei den Befragungen sowie die Arbeit der Korruptionsstaatsanwälte zuletzt massiv kritisiert hatte. Im Volksbegehren sieht er nun eine Chance, "die unabhängige österreichische Justiz nachhaltig zu stärken", wie er in einer Aussendung festhielt.

Die Entpolitisierung der Justiz müsse oberstes Gebot sein, alles, was dazu beitrage, sei unbedingt zu begrüßen, interpretiert Hanger das Volksbegehren ganz im Sinne seiner Bewegung. Eine Unterstützung sei daher "selbstverständlich". Überdies nimmt das Volksbegehren für Hanger eine Vielzahl an wichtigen Themen auf, wie die Stärkung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes in Untersuchungsausschüssen. Tags zuvor hatte bereits Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Initiative positiv bewertet.

„Das ist kein Anti-ÖVP-Volksbegehren"

Walter Geyer, einer der zwölf Proponenten des Volksbegehrens, ist über den Zuspruch seitens der ÖVP nicht verwundert. Schließlich würde niemand sagen, er sei „für Korruption“ oder „gegen den Rechtsstaat“, meinte er in der „ZiB 2“ am Dienstagabend. Allerdings sei entscheidend, „wie ernsthaft diese Unterstützung ist", ob darauf tatsächlich etwas folgt - „oder ob es nur bei einem Lippenbekenntnis bleibt", so der ehemalige Justizsprecher der Grünen und Leiter der WKStA.

Es handle es sich jedenfalls um „kein Anti-ÖVP-Volksbegehren“, betonte Geyer, angesprochen auf die zum Teil der ÖVP kritisch gegenüberstehenden Initiatoren und den Zeitpunkt der Präsentation. Dieser sei deshalb „richtig“, weil „einfach viele Dinge zusammengekommen“ sind. Gemeint sind etwa das Ibiza-Video und der ausgewertete Chatverlauf rund um die Postenbesetzung der Staatsholding Öbag. „Derwar so atemberaubend, man kann ihn nicht so einfach aussitzen. Er hat gezeigt, dass die Darstellung in der Öffentlichkeit mit den wirklichen Verhältnissen relativ wenig zu tun hat“, so Geyer. Wenn Dinge wie diese an die Öffentlichkeit kommen, müsse man darauf reagieren - und nicht „Sand darüber wehen“ lassen und die Sache vergessen.

Opposition bezeichnet ÖVP-Zustimmung als „scheinheilig"

Skeptisch sieht der designierte FPÖ-Obmann Herbert Kickl die türkise Zustimmung zum Volksbegehren, das er selbst unterstützt. "Wer weiß, wie die ÖVP im Parlament mit Volksbegehren umgeht, der weiß auch, dass niemand in der ÖVP daran denkt, die Forderungen umzusetzen, egal wie viele Unterstützer sie finden", meinte er in einer Aussendung. Als Nagelprobe solle Kurz seine Abgeordneten erst einmal davon überzeugen, im Nationalrat dem Antrag auf Verlängerung des Ibiza-Untersuchungsausschusses zuzustimmen.

Als "Chuzpe" bezeichnete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch die Ankündigung von Kanzler Kurz. "Die Unterstützung der ÖVP für das Volksbegehren ist vergleichbar mit dem Bock, der sich selbst zum Gärtner macht", meinte er in einer Aussendung. "Wenn es um Anstand und die Integrität des Rechtsstaats geht, muss sich die ÖVP zuallererst an die eigenen Nasen fassen."

In eine ähnliche Kerbe schlug auch die Neos-Fraktionsführerin im U-Ausschuss, Stephanie Krisper. Sie sprach von einer "unredlichen, scheinheiligen Vereinnahmung einer Initiative vonseiten einer ÖVP, die in Wahrheit zusehends daran arbeitet, Korruptionsbekämpfung und Aufklärung zu verhindern". Auch Krisper lud die ÖVP sowie deren Regierungspartner Grüne ein, dem Verlängerungsantrag für den U-Ausschuss zuzustimmen.

Grüne: „Sind uns da offenbar einig"

Die Grünen wiederum begrüßten den Zuspruch ihres Koalitionspartners ÖVP vorbehaltlos. "Da bekanntlich auch wir die Forderungen des Volksbegehrens unterstützen, sind wir uns da ja offenbar einig. Ich gehe daher davon aus, dass wir nun die Arbeiten an den bereits begonnenen und im Regierungsprogramm vereinbarten Initiativen in diesem Bereich zügig abschließen können", sagte Justiz- und Verfassungssprecherin Agnes Sirkka Prammer.

(APA/Red.)

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