E-Mobility

Mehr Meilen werden elektrisch

Logistik
Logistik(C) Daimler AG
  • Drucken

Kleinere E-Transporter rechnen sich bereits, sagen Experten. Größere Lkw, wie sie jetzt auf den Markt kommen, werden in puncto Wirtschaftlichkeit aber noch skeptisch beäugt.

Waren mit einem Lkw transportieren, der nicht mit Diesel-, sondern mit Elektromotor betrieben wird – für viele Logistiker ist das noch unvorstellbar. Auch Sebastian Kummer, Professor für Transport und Logistik an der WU Wien, hat seine Bedenken: „Die begrenzte Reichweite, die Investitionskosten und gegebenenfalls das Gewicht der Batterien, das die Ladekapazität beschränkt, sind zweifelsohne Herausforderungen.“ Seiner Ansicht nach befindet sich die Entwicklung derzeit in einer Phase, in der nur kleinere E-Transporter auf kurzen Strecken wirtschaftlich einsetzbar sind.

Ideal für Stop-and-Go

Dort funktioniert es allerdings schon gut. Davon ist man zumindest beim Betreiber der größten E-Flotte in Österreich, der Post, überzeugt. 1000 einspurige und 2000 mehrspurige strombetriebene Fahrzeuge mit einem Ladevolumen von vier Kubikmetern setzt die Post derzeit auf der letzten Meile ein. Derzeit steigt man mit 60 weiteren Fahrzeugen in die Sprinter-Kategorie mit einem Transportvolumen von elf Kubikmetern ein. Mit dieser Flotte – eine der größten Europas – will der gelbe Logistikdienstleister nicht nur sein grünes Image unterstreichen – der E-Transport sei auch wirtschaftlich, argumentiert Fuhrpark-Leiter Paul Janacek. „Die E-Fahrzeuge haben eine deutlich längere Nutzungsdauer und die Instandhaltungskosten sind um mehr als 50 Prozent günstiger als bei konventionellen Fahrzeugen“, betont er. Auch für den Stop-and-Go-Betrieb auf der letzten Meile seien die Strombetriebenen ideal. Die Motoren der Post-Zustellfahrzeuge würden nämlich täglich rund zweihundert Mal abgestellt und neu gestartet: „Für einen Dieselmotor ist das sehr belastend, beim E-Motor kein Problem“, erläutert Janacek. Das schlägt sich im Verbrauch nieder: Die E-Fahrzeuge sind auch im Betrieb deutlich günstiger. „Und letztlich nutzen die Zusteller die Fahrzeuge gern, da sie komfortabel zu fahren sind.“

Laden im Hangar

Die Post hat allerdings den Vorteil, dass die Fahrzeuge zehn bis zwölf Stunden in der Zustellbasis stehen und dort langsam aufgeladen werden können. Außerdem wird eine intelligente Lade- und Lastmanagementsoftware genützt: „Abhängig vom Gebäudeanschlusswert entscheidet das Programm, wie viel Strom den Fahrzeugen zur Verfügung gestellt wird“, erläutert Janacek. Zusätzlich können Fahrzeuge priorisiert, also jene, die größere Reichweite benötigen, stärker aufgeladen werden. Sparen lohnt sich hier. Denn höhere Anschlusswerte für die Ladestationen werden von den Energieversorgern zwar zur Verfügung gestellt. Aber oft müssen dafür neue Leitungen verlegt und Trafos installiert werden – die damit verbundenen, oft hohen Kosten muss der Abnehmer tragen. Fahrzeuge über 3,5 Tonnen sind für die Post derzeit aber kein Thema, vor allem, weil Transporte dieser Klasse fast rund um die Uhr im Einsatz stehen. Um sie in kurzer Zeit zu laden, wäre eine sehr hohe Anschlussleistung nötig. Auch von der Wirtschaftlichkeit der großen E-Laster ist man nicht überzeugt.

Ähnlich äußert sich ein Unternehmen, das bereits einen Hybrid- und zwei Gas-Transporter sowie E-Stapler, E-Bagger und Elektro-Pkw im Einsatz hat und auch sonst auf Umwelt- und Klimaschutz Wert legt – das Entsorgungsunternehmen Saubermacher: „Ein Elektro-Lkw kostet durchschnittlich um bis zu 50 Prozent mehr als ein herkömmlicher. Auf dem Markt lassen sich diese Mehrkosten nicht unterbringen, und der Umweltgedanke wird diesbezüglich kaum honoriert“, erzählt Unternehmenssprecherin Bernadette Triebl-Wurzenberger. In der Stadt setze Saubermacher bereits Müllwagen mit Elektro-Presser ein, „die funktionieren im Einschichtbetrieb super“.

Es geht auch größer

Anders gestimmt gibt sich Hans-Peter Szabo, Sales Engineer bei Volvo Trucks. Das Unternehmen hat heuer mit dem Verkauf von E-Lkw im Gewichtssegment von 16,7 bis 27 Tonnen begonnen. „Mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern eignen sich diese Fahrzeuge unter anderem ideal etwa für die Belieferung von Supermarkt-Filialen“, betont er. Die Nutzlast werde durch das Batteriegewicht nur wenig reduziert: „Das höchstzulässige Gesamtgewicht darf bei einem E-Lkw höher sein als bei einem konventionellen.“ Eine Wallbox für das Aufladen liefert Volvo mit dem Transporter mit. Das Laden dauert allerdings beim 400-V-Anschluss die ganze Nacht – und in dieser Zeit steht der Lkw.

ELEKTRO-OFFENSIVE

MAN, Mercedes, Volvo – die großen Lkw-Hersteller bieten jetzt auch bei Transportern mit mehr als 3,5 Tonnen Nutzlast Elektroantrieb. Gut für das Image sind die grünen Fahrzeuge allemal. Ob sie heute schon wirtschaftlich eingesetzt werden können, ist aber noch umstritten. Die deutlich höheren Anschaffungskosten, die Reichweite sowie die Ladeinfrastruktur bzw. Ladezeiten gehören zu den Herausforderungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.