Subtext

Auch Joe Biden brüskiert auf Reisen, aber lyrischer als Trump

APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI
  • Drucken

Der US-Präsident zitierte in England ein antibritisches Gedicht von Yeats. Viele andere Politiker erlaubten sich derbere Fehltritte im Ausland.

Heikel, heikel: Joe Biden hat sich das erste Mal mit Putin getroffen. Da überlegt man sich gut, was man sagt. Anders als bei der Aufwärmrunde in Cornwall. Dort ist dem US-Präsidenten ein hochkultureller Fauxpas unterlaufen, der die britischen Bildungsbürger hat erblassen lassen. Der Katholik mit irischen Wurzeln sprach Verse von Irlands Nationaldichter William Butler Yeats aus „Easter 1916“, einem Klagelied über den missglückten Aufstand irischer Republikaner gegen das Joch der britischen Besatzer. „A terrible beauty was born“ – mit der von Biden zitierten Zeile erwies sich Yeats als Prophet: Die Hinrichtung der Rebellen verstärkte nur den Freiheitswillen der Iren und löste einen Krieg aus, der sie zur Unabhängigkeit führte.

Ja, was soll man sagen? Natürlich hat Bidens subtile Provokation ein anderes Niveau als die Rüpeleien seines Vorgängers. Die neue Lichtgestalt presst keine Hände, bis die Knöchel weiß werden. Er schiebt auch nicht andere Staatschefs beiseite, um sich eine bessere Platzierung fürs Gruppenfoto zu sichern. Und gewiss hatte Kennedy recht, als er sagte: „Würden mehr Politiker Gedichte kennen, wäre die Welt ein besserer Ort.“ Aber kennen (oder googeln) reicht für paradiesische Zustände nicht aus, man muss auch höllisch aufpassen, ob der Anlass passt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

U.S.-Russia summit in Geneva
Genf

Entspannungssignale nach erstem Gipfel von Biden und Putin

Während Putin den US-Präsidenten lobte, bemühte sich Biden um harte Töne gegenüber Moskau. Sie vereinbarten eine Rückkehr ihrer Botschafter sowie Dialoge zu Cybersicherheit und Rüstungskontrolle.
Gipfeltreffen

Putin und Biden: Kühler Handshake am Genfer See

Der Gipfel der niedrigen Erwartungen hat begonnen. Dennoch sind für das Treffen zwischen Joe Biden und Wladimir Putin fünf Stunden anberaumt. Am Abend wollen beide Präsidenten getrennt vor die Presse treten.
Biden-Putin-Gipfel

Was Putin vom Treffen mit Biden erwartet

Auch der Kreml will die zuletzt chaotischen Beziehungen zu den USA wieder etwas berechenbarer machen.
Archivaufnahmen von Begegnungen der US-Präsidenten mit Putin
USA-Russland

Was Biden und Putin in Genf erreichen wollen

Vor dem ersten Treffen der Präsidenten sind die Erwartungen niedrig. Biden will dem Kreml-Chef die roten Linien aufzeigen.
EU-US summit in Brussels
Gipfeltreffen

EU und USA legen Streit um Airbus und Boeing fünf Jahre lang auf Eis

Die US-Strafzölle von Ex-Präsident Trump auf Aluminium und Stahl hingegen bleiben bestehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.