Morgenglosse

Die Rückkehr der harten Realpolitik

APA/AFP
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Keine Nettigkeiten und keine Nichtigkeiten: Joe Biden und Wladimir Putin gingen in Genf in medias res. Die Erwartungen an den Gipfel waren so niedrig, dass ein Minimalkonsens schon als Erfolg galt.

Kein Small Talk, keine Machtspielchen, kaum ein Lächeln: Beobachter fühlten sich beim Rendezvous von Joe Biden und Wladimir Putin am Genfersee an den Kalten Krieg erinnert. Nettig- und Nichtigkeiten hatten einander die beiden Führer nicht auszurichten: Der US-Präsident hält den Kreml-Chef für einen „Killer“, der Ex-KGB-Agent seinen Widerpart aus Washington für einen Tattergreis.

Sie verschwendeten keine Zeit mit diplomatischen Floskeln, sondern gingen geschäftsmäßig gleich in medias res. Ihre Chefdiplomaten, Antony Blinken und Sergej Lawrow, wirkten nicht minder angespannt. Und es gab viel zu besprechen – vom Versuch der Wahlmanipulation Moskaus über Hackerangriffe und die brutale Repression der Opposition um Alexej Nawalny bis zu Regionalkonflikten vom Schwarzen Meer bis Nahost.

Putin war selbst überrascht über die Gipfel-Initiative Bidens. Anders als der Dilettant Trump ist Biden ein außenpolitischer Fuchs, der sich nicht austricksen lässt. Die Erwartungen waren so niedrig gehängt, dass ein Minimalkonsens wie die Rückkehr der beiden Botschafter schon als Erfolg galt. Das entspricht Joe Bidens No-Nonsense-Stil: auf Augenhöhe miteinander zu sprechen, Tacheles zu reden und gemeinsame Interessen auszuloten. Nach den Trumpschen Fantastereien markiert es das Comeback der harten Realpolitik.

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