Forschung & Entwicklung

Marinomed setzt seinen Höhenflug fort

(C) Marinomed/Wieland
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Die von Marinomed Biotech entwickelten Nasen- und Rachensprays sind hocheffizient im Kampf gegen Corona. Die Verkäufe der rezeptfreien Mittel gehen durch die Decke

Andreas Grassauer, CEO der Marinomed Biotech AG, ist Virologe – für ihn zählen daher nur abgesicherte, faktenbasierte Ergebnisse: „Mein Spruch in der Firma ist: In God we trust, all others bring data.“ Darauf baut der Virologe, der das biopharmazeutische Unternehmen Marinomed vor 15 Jahren mit seiner Frau, Eva Prieschl-Grassauer, einer Immunologin, gegründet hat.

Bis heute erforscht und entwickelt Marinomed innovative Produkte im Bereich Atemwegs- und Augenerkrankungen. Das Biotechnologie-Unternehmen hat zwei patentgeschützte Technologie-Plattformen konzipiert:

Die Carragelose-Plattform, die sich mit der Entwicklung von rezeptfreien Produkten gegen Atemwegserkrankungen beschäftigt, beruht auf pflanzlicher Basis, wobei die Rotalge als wahres Wundermittel entdeckt wurde. Carragelose ist ein Wirkstoff, der in verschiedenster Form verabreicht werden kann: als Nasenspray, als Rachenspray, in Lutschpastillen. Bereits sechs verschiedene Produkte gegen virale Infektionen der Atemwege umfasst die Carragelose-Plattform, die von Partnern in Lizenz produziert und vertrieben werden.

Derzeit nur in der Forschung, aber bald am Start zur Marktreife stehe die Plattform Marinosolv, mit der man in der Lage ist, „unlösliche Wirkstoffe löslich zu machen, um die Dosis von Medikamenten zu reduzieren und die Wirkung zu verbessern“, erklärt Grassauer.

Als Virologe hat Grassauer Covid-19 schon seit der Silvesternacht 2019/2020 auf dem Radar gehabt – als von der WHO ein erster Alarm wegen Fällen in Wuhan gekommen ist. „Doch es hat bis Juli gedauert, bis wir valide Daten hatten“, sagt Grassauer. Es sei nämlich nicht so leicht, klinische Studien in dem Bereich zu machen, „wenn ein Land, so wie Österreich, relativ erfolgreich ist in der Verhinderung von Infektion“. Ausgeholfen habe Argentinien, wo Marinomed die Wirksamkeit seines Nasensprays in einer Studie an einer Gruppe von Pflege- und Gesundheitspersonal in Covid-Station testen konnte. „Die Hälfte der 400 Teilnehmer bekam unseren Nasenspray, die andere Hälfte ein Placebo“, erzählt der Marinomed-CEO. Das Ergebnis: Die Gruppe mit dem Nasenspray hatte eine Ansteckungsrate von einem Prozent, in der Placebo-Gruppe steckten sich jedoch fünf Prozent an. Grassauer: „Das heißt, es bietet einen Schutz von 80 Prozent.“

Marinomed habe im Vorjahr in Österreich rund 500.000 Sprays auf dem Markt gehabt, die auch zur Verhinderung von Corona eingesetzt wurden. „Da hat es noch keine Impfung gegeben. Somit hat der Spray sicher Leben gerettet“, freut sich Grassauer.

„Wir wissen aus fünf klinischen Studien, dass die Carragelose-Produkte wirksam gegen respirative Viren sind, wenn man den Spray frühzeitig nimmt.“ Die Krankheitsdauer sei geringer und der Krankheitsverlauf milder. Der Erfolg beruhe darauf, dass „wir mit unserem Produkt eine Virus-unfreundliche Umgebung im Nasen-Rachen-Raum schaffen. Daher gibt es weniger Risiko, dass das Virus in die Lunge geht“, erklärt Grassauer.

„Mit zehn Euro pro Monat kann man einen Menschen schützen“, sagt der CEO. So viel koste das rezeptfrei in Apotheken erhältliche Produkt, mit dem man mehr als einen Monat auskomme. „Es ist damit deutlich günstiger als die Coronatests.“

Warum ist das Mittel nicht breiter aufgestellt? „Weil kein Pharma-Gigant dahintersteckt, das macht es schwierig, durchzudringen“, sagt Grassauer. Dennoch: „Es verkauft sich auch so ganz gut. Carragelose wird in 40 Ländern vertrieben.“ Fünf Millionen Einheiten habe man vergangenes Jahr ausgeliefert. Die Marinomed-Partner zusammen „haben auf dem Markt rund 50 Millionen Euro erlöst“.

Der Erfolg ist auch in Zahlen gegossen. 2020 hat Marinomed laut Grassauer durch seinen „Virusblocker“ ein Umsatzwachstum von mehr als 50 Prozent auf 8,1 Millionen Euro hingelegt. Im ersten Quartal dieses Jahres betrug das Umsatzplus sogar 119 Prozent auf 2,2 Millionen Euro. Und auch an er Börse kann man den Erfolgskurs von Marinomed ablesen. Dieser Erfolg und das Zukunftspotenzial finden sich auch im Aktienkurs, der innerhalb eines Jahres um mehr als 30 Prozent gestiegen ist.

Und warum macht jemand die Carragelose-Plattform nicht einfach nach? „Die Leute probieren ähnliche Konzepte“, sagt Grassauer, „Aber das Schwierige für einen neu Eintretenden sind 15 Jahre Forschung und Verständnis der Sache und der Sicherheitsdaten.“

INFORMATION

Marinomed Biotech AG erforscht und entwickelt innovative Produkte im Bereich Atemwegs- und Augenerkrankungen. Mit der Technologieplattform Carragelose hat das Unternehmen aus Korneuburg schon sechs Produkte in den Markt gebracht. Mit der Plattform Marinosolv ist man noch in der finalen Entwicklung. Marinomed hat 47 Beschäftigte und schaffte ein Umsatzplus von mehr als 50 Prozent auf 8,1 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2021)

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