Wilders wettert vor Gericht gegen "politischen Prozess"

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Eklat im Verfahren gegen den niederländischen islamkritischen Politiker: Er verweigert die Aussage, sein Verteidiger attackiert Richter. Wilders wird Aufstachelung zum Hass gegen Muslime vorgeworfen.

Amsterdam. Kurz nach neun Uhr wurde am Montag der Prozess gegen den niederländischen Rechtspopulisten und Islamkritiker Geert Wilders fortgesetzt. Mit einem Paukenschlag.

Man führe einen „politischen Prozess“ gegen ihn, warf Wilders der Justiz seines Landes vor. Dem Islamkritiker wird Aufstachelung zum Hass gegen Muslime und Rassenhass gegen Marokkaner vorgeworfen. Wilders berief sich nach dem Verlesen einer Erklärung auf sein Schweigerecht. Der Vorsitzende Richter, Jan Moors, kommentierte daraufhin: „In den Medien wird Ihnen, Herr Wilders, vorgeworfen, dass Sie Behauptungen aufstellen und dass Sie dann der Diskussion darüber aus dem Weg gingen. Das tun Sie nun hier im Gerichtssaal auch.“ Daraufhin bezichtigte Wilders-Anwalt Bram Moszkowicz das Gericht der „Befangenheit“ und stellte einen entsprechenden Prüfungsantrag. Eine Sonderkammer muss nun bis Dienstagnachmittag feststellen, ob Moszkowicz' Antrag stattgegeben wird.

Sollte er Erfolg haben, muss ein neues Richtergremium bestimmt werden, das den Prozess gegen Wilders fortsetzen kann. Ein Urteil, eigentlich für den 4.November vorgesehen, wird es bis zu diesem Datum wohl nicht geben.

Angespannte Atmosphäre

Sollte der Antrag jedoch abgelehnt werden und das gleiche dreiköpfige Richtergremium das Verfahren weiterführen dürfen, wäre die Atmosphäre zwischen Gericht, Angeklagtem und dessen Anwalt im weiteren Prozessverlauf wohl eine sehr gespannte. Der Prozess gegen den Politiker, dessen Freiheitspartei die Minderheitsregierung aus Christdemokraten und rechtsliberaler Volkspartei für Freiheit und Demokratie stützen soll, ist ein Novum in der niederländischen Rechtsgeschichte.

Umstrittener Gerichtsfall

Der Prozess ist unterdessen auch in Justizkreisen nicht unumstritten. So wollte die Staatsanwaltschaft selbst überhaupt keine Anklage gegen Geert Wilders erheben, weil sie zu der Auffassung gelangt war, dass Wilders' Kritik am Islam nicht strafbar sei und durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist. Doch die Staatsanwaltschaft wurde durch ein Gericht dazu verpflichtet, dennoch Anklage gegen Wilders zu erheben.

Staatsanwältin Birgit van Roessel wirkte zum Prozessauftakt souveräner als der Vorsitzende Richter, Jan Moors. Nachdem Wilders erklärt hatte, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch mache, verzichtete sie darauf, weitere Fragen an den Angeklagten zu stellen.

Geert Wilders ließ sich trotz weiterer Gesprächsversuche von Richter Moors – „Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie eigentlich sehr gerne bereit wären, meine Fragen zu beantworten?“, fragte Moors etwa – keine Stellungnahme entlocken. Wilders, abschließend: „Sie erhalten von mir keine Antworten. Ich mache von meinem Schweigerecht Gebrauch.“

Auf einen Blick

Der Islamkritiker Geert Wilders steht erneut vor Gericht. Den Islam nennt er „das größte Problem der Niederlande“, den Koran bezeichnet er als „faschistisch“. Dem 47-Jährigen drohen bis zu 16 Monate Gefängnis sowie eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2010)

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