Hunderte Sicherheitskräfte stürmten die Redaktion der Zeitung „Apple Daily" und nahmen leitende Mitarbeiter fest. Die Aktion fußt in einer rückwirkenden Anwendung des Strafrechts und soll Medien und Bürgern Angst machen.
Erst sperrten über 500 Polizisten die Straße ab, dann stürmten sie das Redaktionsgebäude. Bei der beispiellosen Razzia gegen die oppositionelle Zeitung „Apple Daily" am Donnerstag in Hongkong wurden fünf leitende Angestellte verhaftet, darunter Chefredakteur Ryan Law und Verlagschef Cheung Kim-hung. Zudem wurde Vermögen im Wert von umgerechnet fast zwei Mio. Euro eingefroren. All das im Namen des Nationalen Sicherheitsgesetzes; eines Gesetzes wohlgemerkt, das Chinas Führung 2020 der auf dem Papier autonomen Sonderverwaltungszone oktroyiert hatte.
Mit Hongkongs Rechten ist es seither vorbei. Für das 1995 gegründete politische Revolverblatt Apple Daily, bekannt für Sensationsnachrichten und halbnackte Damen am Cover, dessen Gründer, Jimmy Lai, seit April eine 20-monatige Haftstrafe absitzt, war es heuer die zweite Razzia. Doch während die erste noch dystopische Bilder von einmarschierender Polizei erzeugte, spielte sich jetzt alles im Stillen ab: Journalisten war es verboten, die Aktion gegen das Blatt zu filmen, das sich mit der Zeit zur vielleicht letzten Zeitung in Hongkong mit Rückgrat gemausert hatte. Am 4. Juni etwa, dem 32. Jahrestag der Niederwalzung der Pekinger Studentenbewegung, publizierte es eine Doppelseite über das Gedenken, das die Behörden längst aus der Öffentlichkeit verbannt haben.