Corona

Impfung bei Jungen? Was die US-Daten zu Pfizer zeigen

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US-YOUTH-VACCINATION-BLOCK-PARTY-HELD-IN-QUEENS-NEIGHBORHOOD(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/Scott Heins (Scott Heins)
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Geprüft wurden in den USA Teenager zwischen zwölf und 15 Jahren. Der Wiener Pharmakologe Markus Zeitlinger sieht einen „eindeutigen“ Nutzen - aber keine Eile.

Ende Mai ist in Österreich das Nationale Impfgremium (NIG) der Entscheidung der EU-Arzneimittelbehörde gefolgt und hat den Impfstoff von Biontech/Pfizer auch für Zwölf- bis 15-Jährige empfohlen. Grundlage dafür waren Studien und Real-World-Daten aus den USA.

Laut diesen Studiendaten, die auch die Grundlage für die Notfall-Zulassung in den USA in dieser Altersgruppe waren und der EMA zur Zulassungsprüfung vorlagen, trat bei mehr als 1000 geimpften Kindern und Jugendlichen kein Covid-19-Fall auf. In der etwa gleichen großen, ungeimpften Kontrollgruppe waren es 16 Fälle. Die Forscher hatten in der Studie Daten von insgesamt 2260 Kindern zwischen zwölf und 15 Jahren ausgewertet.

Unerwünschte Wirkungen wurden bis zu sechs Monate nach der zweiten Spritze erfasst. Nach der Impfung sei es überwiegend allenfalls zu leichten Impfreaktionen wie Müdigkeit oder Kopfschmerzen gekommen, schrieben die Wissenschafter in der Medizin-Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine". Das NIG betonte zudem in seiner Anwendungsempfehlung, dass das Vakzin in der Altersgruppe der Zwölf- bis 15-Jährigen in den USA und Kanada in den vergangenen Wochen schon vielfach angewendet wurde und es bisher keine Hinweise auf Sicherheitsbedenken gebe.

Ab 14 müssen Kinder selbst zustimmen

Kinder und Jugendliche würden im Vergleich zu Erwachsenen zwar selten schwer an Covid-19 erkranken, dennoch wurden schwere Krankheitsverläufe wie ein Multisystem-Inflammationssyndrom (Hyperinflammationssyndrom) auch in Österreich mit einer Häufigkeit von 1:500 bis 1:1.000 infizierten Kindern und Jugendlichen beschrieben. Diese Patienten müssen auf jeden Fall im Krankenhaus behandelt werden, oft sogar auf der Intensivstation, warnt das NIG. Außerdem mehren sich die Hinweise, dass auch Kinder und Jugendliche nach milden und asymptomatischen Verläufen langfristig unter Long Covid leiden können.

Kinder- und Jugendliche werden laut der Priorisierungsliste des NIG in Österreich nicht vorrangig geimpft. Personen ab zwölf Jahren fallen in die letzte Prioritätsstufe 7, hier gilt eine "Allgemeine Empfehlung" zur Impfung. Die Stadt Wien etwa bewirbt jedoch "Eltern-Kind-Impfungen", bei denen sich Zwölf- bis 18 Jährige ab 25. Juni impfen lassen können und zeitgleich die Eltern auch ihren Stich bekommen. Bei unmündigen Kinder, also bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, ist die Einwilligung eines Elternteils oder der Person, die mit der Pflege und Erziehung betraut ist, einzuholen, betont das NIG. Mündige Minderjährige, also ab 14 Jahren, müssen selbst in die Impfung einwilligen. Auch wenn ein Elternteil in dieser Situation eine Impfung ablehnen würde, kann sich die mündige minderjährige Person selbst für eine Impfung entscheiden.

Experte Zeitlinger: Niemand soll sich drängen lassen

Die EMA will als Nächstes entscheiden, ob sie auch den
Corona-Impfstoff von Moderna für Kinder und Jugendliche ab zwölf
Jahren zulässt. Trotz des geringeren Risikos bei Kindern und Jugendlichen schwer an Covid-19 zu erkranken, fällt für den Wiener Pharmakologen, Markus Zeitlinger, die Nutzen-Risiko-Abwägung einer Impfung in der Gruppe ab zwölf Jahren - bei der auch der indirekte Effekt auf die Gesamtbevölkerung eine große Rolle spielt - "eindeutig positiv aus". Man wisse nun schon sehr viel über die mRNA-Impfstoffe. Doch Zeitlinger hält die Bedenken der Eltern für „legitim“, niemand solle sich drängen lassen. Zum Risiko einer Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen: Werde ein Kind oder Jugendlicher tatsächlich krank, liege die Wahrscheinlichkeit in Österreich bei 1:500 bis 1:1.000, dass sich ein schwerer Verlauf mit einem Hyperinflammationssyndrom einstellt, der eine Spitals- oder Intensivbehandlung notwendig macht.

Kritik an Kinderimpfung

Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) hatte die Freigabe des Pfizer/BioNTech-Vakzins in Österreich begrüßt. Aus der heimischen Ärzteschaft kamen aber auch kritische Stimmen, vor allem nachdem die deutsche Ständige Impfkommission (Stiko) in der Vorwoche die Impfung von Kindern und Jugendlichen nur bei bestimmten Vorerkrankungen oder anderen Risikofaktoren empfohlen hatte. Der Vorarlberger Ärzteverein Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) empfahl daraufhin in einer Aussendung, bei der Impfung der Zwölf- bis 15-Jährigen noch abzuwarten. "Aktuell ist die Studienlage noch zu dürftig", erklärte der Gynäkologe Hans Concin, Leiter der aks Wissenschaft. Zudem sei Corona "keine gefährliche Kinderkrankheit". Die von der Grazer Allgemeinmedizinerin Maria Hubmer-Mogg initiierte Kampagne "Wir zeigen unser Gesicht" schlug in eine ähnliche Kerbe.

In Wien wollen am Freitagvormittag Rechtsanwälte und Mediziner in einer gemeinsamen Pressekonferenz erläutern, warum sie die Impfung von Kindern und Jugendlichen zunehmend "kritisch" sehen. Beteiligt ist auch die "Initiative für eine evidenzbasierte Coronainformation" (ICI), die in der Vergangenheit mehrfach Demonstrationen von Corona-Skeptikern organisiert hat.

(apa/red.)

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