LITERATUR

Flanierend an Nicht-Orten

Florian NeunerRostEine psychogeographische Expedition. 208 S., brosch., € 18,90 (Ritter Verlag, Klagenfurt)
Florian NeunerRostEine psychogeographische Expedition. 208 S., brosch., € 18,90 (Ritter Verlag, Klagenfurt)
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„Rost“: Florian Neuner setzt auf die ästhetische Kraft freigelegter Wirklichkeiten.

Rost“. Der lapidare Titel von Florian Neuners Buch verweist erst einmal auf den „Rust Belt“, Amerikas großes Industriegebiet, das ab den Siebzigerjahren in die Krise geraten ist. Neuner unternimmt in seinem Buch eine Expedition durch Städte wie Pittsburgh, Cleveland, Detroit, die mit dieser durch Globalisierung und Digitalisierung bedingten Abwärtsentwicklung verbunden werden. Das Thema ist ein Dauerbrenner, lange bevor George Packer es in seinem Buch „Die Abwicklung“ ausmalte, Trump die frustrierten Arbeiter des Rust Belt für seine Politik instrumentierte, Hollywood den bedrohten Mittelstand mit Chloé Zhaos „Nomadland“ für sich wiederentdeckte.

Aber Neuners faszinierendes Buch erschöpft sich keineswegs mit der Beschreibung ökonomischen Niedergangs. Schicht um Schicht legt er die Eigentümlichkeiten der Städte frei, stellt historische und architektonische Exkurse neben Aufzählungen von Haltestellennamen oder Songstrophen. „Itineraria“ fassen traditionell Reiseinformationen wie Verkehrswege, Beförderungsmittel zusammen. Bei Neuner werden diese Itineraria zu ironischen Collagen aus Werbetexten der Tourismusindustrie. Sein auf den ersten Blick undurchdringlich anmutendes Buch entwickelt sich zum funkelnden Kaleidoskop und lässt in seiner Vielfalt an einen Hypertext denken.

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