Sebastian Kurz hatte lang den Ruf des talentierten Machtpolitikers mit Gespür für Erzählungen und Themen. Seit er und seine Vertrauten von den Korruptionsjägern angezählt sind, tut er sich schwer, aus der Defensive zu kommen.
Wenn man mit Kanzler Sebastian Kurz im Lift fährt, zupft er am Hemd, zieht das Sakko zurecht, streicht über die Haare. Er mag Unordnung nicht. Nicht an sich selbst, nicht in der ÖVP, nicht in der Regierung. Darum hat er gern Pläne in der Schublade: für die Machtübernahme der Partei. Für die Themensetzung plus PR-Strategie und Zeitraster. In letzter Zeit werden seine Pläne aber von Pandemie, Staatsanwaltschaft und Koalitionspartner durchkreuzt. Kurz' Image hat Risse bekommen. Und plötzlich geht die Strategie nicht mehr so auf.
„Wenn alles gut ist, ist es einfach, gut zu sein“, sagt ein Parteistratege zur „Presse“. Und das war es damals im Frühjahr 2017, als Kurz den Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner absägte. Auch wenn Letzterer gern die Dolchstoßlegende pflegt, die Wahrheit ist auch: Mitterlehner war in der ÖVP alles andere als nur beliebt. Viele wünschten sich ein weniger verstaubtes Image. Eine Verjüngung. Einen Machtpolitiker, der intern wie extern begeistern konnte. Das verkörperte Sebastian Kurz, hinter dem sich die ÖVP schließlich loyal versammelte.