Glaubensfrage

Das (weitgehend) geheime Date der Bischöfe mit Frauen

Über die Gemeinsamkeiten zwischen Österreichs EM-Kickern und den Bischöfen. Und über ein interessantes Frauen-Date.

Es kann nicht geleugnet werden, der Vergleich mag gewagt erscheinen. Aber er drängt sich gerade während der laufenden Fußball-Europameisterschaft auf. Genau betrachtet haben Österreichs Teilnehmer und das Team der Bischöfe eine Gemeinsamkeit: Es mangelt an Ideen, Beweglichkeit, Schnelligkeit, insgesamt also und am Zug zum Tor.

Bischöfe und Zug zum Tor? Gemeint ist die fehlende Fähigkeit oder der zu gering entwickelte Wille der Bischöfe, wichtige Punkte zu machen. Das heißt, Aktivitäten über die schmelzende Kerntruppe hinaus zu setzen und Anliegen der Öffentlichkeit verständlich zu argumentieren und zu artikulieren.

Beispiel eins: Der von Papst Franziskus ausgerufene synodale Prozess für die Gesamtkirche ist noch recht vage. Wobei das vielleicht eine Untertreibung ist. Aber weshalb auch die Bischöfe in der abgelaufenen Woche bei ihrer Sommertagung in Mariazell genauso vage geblieben sind, das muss einem jemand einmal erklären. Keine kreativen Ideen, keine konkreten Erwartungen wurden geäußert – bloßes Warten auf die römische Befehlsausgabe?

Beispiel zwei: Die Bischöfe haben in Mariazell auch 14 Frauen getroffen. Na und? Zum ersten Mal hat sich der Episkopat einen Nachmittag Zeit genommen, sich Anliegen, Sorgen und Hoffnungen von 14 in der katholischen Kirche in Leitungsfunktionen tätigen Frauen anzuhören. Ja, ja, es gibt tatsächlich so viele Katholikinnen in Leitungsfunktionen (und einige andere mehr). Und nein, nein, eine derartige Zusammenkunft auf der Österreich-Ebene ist bisher nicht aktenkundig, so erstaunlich das für Nicht-Kirchen-Insider – zu recht – ist.

Nun sind die organisierten katholischen Frauen nicht bekannt dafür, zu allem Ja und Amen zu sagen. Umso bemerkenswerter, was die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, Angelika Ritter-Grepl, der „Presse am Sonntag“ vom Treffen verrät: „Es war ein historischer Moment.“ Und, setzt sie mit Begeisterung nach: „Das Treffen ist sehr geglückt. Wir Frauen sind sehr froh, weil die Bischöfe wirklich zugehört haben. Die ganze Palette der Themen Frauen in Kirche und Gesellschaft wurde angesprochen.“ Wir lernen: Zuhören statt predigen ist keine Selbstverständlichkeit, kommt aber recht gut an. Natürlich wurde das besonders delikate Thema Frauenpriestertum angetippt, aber nur kurz, soll ja niemand verschreckt werden. Angelika Ritter-Grepl ist jedenfalls zufrieden und erwartet, dass dieses Date ein Beginn war, Beginn für einen strukturierten Prozess der Einbindung von Frauen.

Die offizielle Erklärung der Bischöfe zur Sommertagung war lang wie stets, in sechs Kapitel gegliedert, darunter Familie und Abtreibung, aber nichts zu dem Treffen. Dabei hätten die Exzellenzen damit in der Öffentlichkeit gepunktet. Man könnte zu EM-Zeiten sagen: Der Zug zum Tor fehlt.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2021)

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