Wer derzeit renovieren oder umbauen möchte, muss viel Geduld und Geld mitbringen. Die Bauwirtschaft kann sich vor Aufträgen kaum retten, doch die horrenden Rohstoffpreise gibt sie an die Kunden weiter.
Wien. Statt des bestellten Kupfers lud der türkische Lieferant angemalte Pflasterseine ab. Das Schweizer Rohstoffhandelsunternehmen Mercuria Energy setzte damit im vergangenen Sommer 36 Millionen Dollar in den Sand. Branchenexperten und Behörden berichten von einem rapiden Anstieg krimineller Aktivitäten, angeheizt von einem Preisanstieg wie zuletzt in den Nullerjahren.
In Chile stehlen Banden das frisch geschmolzene Metall stapelweise von fahrenden Eisenbahnwaggons. Aus Deutschland, Großbritannien und den USA gibt es zunehmend Berichte über Autos, aus denen Katalysatoren gestohlen werden wegen der darin enthaltenen Edelmetalle. Hierzulande ist der Holzklau ein bekanntes Problem. Und immer mehr Baustellenbetreiber vermissen Materialien, die über Nacht entwendet wurden.
Mehr Kriminalität ist nur eine Folge des Rohstoffmangels. Will man derzeit bauen oder renovieren, stößt man schnell an die Grenzen seiner Geduld und seines Bankkontos. Die Baukosten in Österreich sind auf einem Rekordniveau. Die Kosten im Wohnhaus- und Siedlungsbau haben sich im Mai gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent erhöht, wie aus Daten der Statistik Austria hervorgeht. Allein gegenüber dem Vormonat April gingen die Preise um drei Prozent in die Höhe.
„Ähnlich hohe Zuwächse der Baukosten wie 2021 wurden zuletzt in den Jahren 2006 bis 2008 registriert“, erklärt Bank-Austria-Ökonom Günter Wolf die Preisentwicklung. Damals seien die Kosten ebenfalls wie jetzt von einem Wohnbauboom angetrieben worden. 2020 wurden in Österreich rund 72.000 Neubauwohnungen errichtet, für 2021 erwarten Branchenbeobachter ähnlich hohe Neubauzahlen. In Österreich werde der Wohnbau zudem durch die Förderungen von Sanierungsmaßnahmen in Schwung gehalten. Allein die Baugenehmigungen Ende 2020 lagen um 15 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre.