Leitartikel

Die französische Demokratie steckt in einer tiefen Krise

APA/AFP/THIERRY ZOCCOLAN
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Die erschreckend geringe Beteiligung an der Regionalwahl ist kein Pandemie-Phänomen, sondern ein weiteres Zeichen einer gefährlichen Entfremdung.

Frankreichs erste Post-Lockdown-Wahl mag nicht viel über die Richtung des heißen Präsidentschaftsrennens in zehn Monaten verraten, immerhin wurde im nur bedingt aussagekräftigen lokalen Kontext abgestimmt. Aber die erste Runde der Regionalwahl hat trotzdem eine deutliche überregionale Botschaft: Die Franzosen haben den Glauben (oder die Lust) daran verloren, durch ihre Stimme Veränderungen zu beeinflussen. Denn wenn von drei Wahlberechtigten zwei die Urnen meiden, dann deutet das auf eine ernsthafte demokratische Systemkrise in einer führenden Demokratie Europas hin.


Wenig hilft es, sich auf die ersten sonnigen Freiheiten nach der Pandemie herauszureden. Es kann sein, dass so mancher Franzose nach all den Corona-Härten den vergangenen Sommersonntag lieber mit Freunden oder Verwandten verplant hat, als sich über komplexe Wahlentscheidungen den Kopf zu zerbrechen. Doch die Dimension der Abstinenz kann keine Lockdown-Lockerung erklären. Noch nie seit Beginn der V. Republik im Jahr 1958 blieben so viele Franzosen einer bedeutenden politischen Wahl fern, und Krisen hat Frankreich seitdem einige durchlebt.

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