Fußball-EM

Österreich im Achtelfinale: Der Lohn eines mutigen Auftritts

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Das ÖFB-Team bezwingt die Ukraine nach der besten Leistung seit langer Zeit mit 1:0. Sieg und historischer Aufstieg ins Achtelfinale sind verdient, am Samstag wartet in London EM-Titelanwärter Italien.

Österreichs Nationalmannschaft hat Montagabend bei der Fußball-Europameisterschaft in Bukarest Geschichte geschrieben. Mit dem 1:0-Sieg über die Ukraine buchte das ÖFB-Team als Gruppenzweiter hinter der Niederlande das Ticket für das Achtelfinale, in dem am Samstag (21 Uhr, live ORF 1) im Londoner Wembley-Stadion Italien, Sieger der Gruppe A, wartet. Österreich hat damit bei der insgesamt dritten EM-Teilnahme erstmals die Gruppenphase überstanden. Es ist das erste K.o.-Spiel bei einem Großereignis seit der WM 1954 in der Schweiz (Platz drei).

Franco Foda schickte eine im Vergleich zum Niederlande-Spiel (0:2) an zwei Positionen veränderte Startelf auf den Rasen des Bukarester Nationalstadions. Michael Gregoritsch musste Marko Arnautović weichen, für Andreas Ulmer rückte Florian Grillitsch in die Mannschaft. Und zum ersten Mal bei dieser EM spielte Österreich anstatt mit einer Dreier- wieder mit einer Viererkette in der Verteidigung. David Alaba, zuvor zwei Mal zentraler Innenverteidiger und Abwehrchef, nahm Ulmers Platz ein.

Positive Veränderungen

Es war das erst sechste Mal im 83. Länderspiel, dass der Wiener auf der Linksverteidigerposition (bei Bayern München über Jahre seine Stammposition) startete. Mit einem stets nach vorn drängenden Alaba (was mitunter diesmal unbestrafte Lücken in der Rückwärtsbewegung verursachte), dem spielstarken Grillitsch vor der Viererkette und den vorgezogenen Xaver Schlager und Konrad Laimer war das ÖFB-Team im 4-1-4-1-System diesmal bedeutend offensiver ausgerichtet als bisher. Foda, oft für seine passive Grundausrichtung kritisiert, bewies in diesem Entscheidungsspiel mit Aufstellung und Ausrichtung also Mut.

Und Österreich spielte auch sehr viel mutiger als in der Vergangenheit, Fodas Poker ging also auf. Schon in der zweiten Minute gab Laimer die Richtung vor. Der Leipzig-Legionär drängte in den Strafraum, verstolperte dort aber den Ball. Marcel Sabitzer und Co. betrieben einen enorm hohen Laufaufwand, sie störten die Ukraine früh im Spielaufbau. Der Lohn dafür waren immer wieder Ballgewinne, die anders als gegen die Niederländer diesmal auch in gelungene Offensivaktionen umgewandelt werden konnten – ein Fortschritt innerhalb weniger Tage.

18 Schüsse als Zeichen der Dominanz

Die Führung der Österreicher in der 21. Minute war verdient. Christoph Baumgartner stand nach einem von etlichen Alaba-Eckbällen (9) goldrichtig, er vollendete mit der Fußspitze. Ausgerechnet Baumgartner, der bei diesem Turnier bislang weit hinter seinen eigenen Erwartungen und jenen der Öffentlichkeit geblieben war. Der Abend endete für den jüngsten Spieler im ÖFB-Kader nach einem Zusammenstoß per Kopf dennoch vorzeitig, der 21-Jährige musste in der 33. Minute mit Schwindelgefühlen für Alessandro Schöpf ausgewechselt werden.

Die ersten 45 Minuten, sie waren die besten Österreichs seit einer gefühlten Ewigkeit. Man kombinierte gefällig, nur selten sah man lähmende Quer- oder Rückpässe.  Einen Vorwurf muss sich das Team dennoch gefallen lassen: Man verabsäumte es, das Spiel früher zu entscheiden. Das zweite Tor hatte unter anderem Laimer am Fuß (37.), und dann war da ja auch noch Marko Arnautović.

Der China-Legionär war lange Zeit unauffällig, dann vergab er zwei sehr gute Möglichkeiten (42., 45.+2). Spätestens in Halbzeit zwei wurde augenscheinlich, dass Arnautović aktuell nicht matchfit ist. Der China-Legionär schleppte sich über den Platz, konnte keine Sprints in die Tiefe mehr mitmachen. Foda ließ ihn dennoch bis zur 90. Minute im Spiel.

In Halbzeit zwei wurde die Ukraine zwar offensiver, aber nur selten gefährlich. Die Shevchenko-Elf kam in 90 Minuten nur zu zwei wirklich guten Möglichkeiten. Österreich aber, und das war beeindruckend, hat sich diesen Erfolg letztlich absolut verdient. Allein die Schussstatistik (18:5) zeugt vom rot-weiß-roten Offensivdrang an diesem Abend. Florian Grillitsch, der von der Uefa als „Star of the match“ ausgezeichnet wurde, sagte: „In diesem Spiel hat man gesehen, welches Potenzial wir wirklich haben.“

("Die Presse", Printausgabe 22.06.2021)

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