Analyse

Großoffensive gegen Corona: 17 Impfstoffkandidaten und 465 Medikamente

Eine Pharmaproduktionsstätte von Remdesivir in Kairo.
Eine Pharmaproduktionsstätte von Remdesivir in Kairo.
  • Drucken

Die Pharmakonzerne sind keine Krisengewinner. Aber sie konnten ihre Umsätze 2020 trotzdem steigern – dank der Forschung, bei der sie den Turbo zündeten. Vor allem gegen das Coronavirus.

Die weltgrößten Pharmafirmen haben mit Juni 506 Therapeutika und 260 Impfstoffe gegen Corona in der Pipeline gehabt. 2020 sind ihre Umsätze immerhin um 4,4 Prozent gewachsen, während die Weltwirtschaft pandemiebedingt um 3,5 Prozent schrumpfte. „Die Coronakrise war somit kein Wachstumstreiber, sondern führte im Gegenteil zu höheren Ausgaben für Forschung und Entwicklung“, analysiert die Prüfungs- und Beratungsfirma EY. Das zeigten die vielen neuen (Corona-)Mittel.


„Das Umsatzwachstum während der Coronapandemie lässt zwei interessante Feststellungen zu“, sagt Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich. „Zum einen ist die Widerstandskraft des Pharmasektors in Anbetracht der großen Wirtschaftskrise beeindruckend. Zum anderen ist die Branche kein Krisengewinner, denn Corona führte bei verschiebbaren Behandlungen zu Verzögerungen und beeinträchtigte laufende Forschungs- und Entwicklungsprojekte.“

Dominanz der USA nimmt zu


Dass die Branche dennoch gewachsen sei, verdanke sie Erfolgen in der Entwicklung von neuen Medikamenten und auch langfristigen Trends wie der wachsenden und alternden Weltbevölkerung.


Aus den Bilanzen der 21 untersuchten Unternehmen lässt sich laut EY zudem ablesen, dass die Dominanz der Firmen mit Sitz in den USA weiter zunimmt. US-Konzerne erzielten mehr als die Hälfte (51 Prozent, 2019 noch 49 Prozent) der Umsätze. In der Rangfolge der nach Umsatz größten Konzerne gab es zudem einige Verschiebungen: Während Pfizer 2019 noch der zweitgrößte Pharmakonzern der Welt war, fiel er durch die Ausgründung von Upjohn auf Rang sechs ab. Neu auf Platz zwei findet sich Abbvie, das durch den Erwerb von Allergan und organisches Wachstum einen Sprung nach vorn machte. Bei Bristol-Meyer-Squibb sorgte ein einziges neues Krebsmedikament für ein Umsatzplus von rund zehn Mrd. Euro.

Forschungsausgaben steigen


Der operative Gewinn (EBIT) stieg bei den Konzernen im Schnitt nur noch moderat um 2,7 Prozent, wobei es zwischen den einzelnen Unternehmen sehr große Unterschiede gab. Im Jahr 2019 hatten sie noch einen satten Gewinnsprung von durchschnittlich 18,7 Prozent verzeichnet.


Deutlich stärker als die Umsätze stiegen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung der 21 größten Pharmaunternehmen. Sie legten 2020 um 9,2 Prozent zu, nachdem sie bereits im Jahr davor um 9,7 Prozent gewachsen waren.


„Darin spiegeln sich auch die starken Anstrengungen der Unternehmen wider, schnell Impfstoffe und Medikamente gegen Corona auf den Markt zu bringen“, erklärt Lehner. „Viele Unternehmen sind wirtschaftliche Risiken eingegangen, um in dieser Ausnahmesituation schnell Lösungen zu entwickeln.“ Die Pharmaindustrie sei grundlegend eine Branche mit vergleichsweise sehr hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung. 2020 waren es bei den betrachteten Unternehmen im Schnitt knapp 20 Prozent des Umsatzes.

Innovationskraft gegen Corona

Im Kampf gegen Corona demonstrierte die gesamte Branche auch über
die Top-21 hinaus ihre Innovationskraft. Anfang Juni befanden sich
laut EY 260 Impfstoffe und 506 Therapeutika gegen das Virus in den
verschiedenen Phasen der Entwicklung oder bereits auf dem Markt.
Auch sind schon mehr als 1.000 verschiedene Coronatests im Verkauf.

Neben den vier in der EU bereits zugelassenen Impfstoffen gegen
das Coronavirus befanden sich Anfang Juni weitere 17
Impfstoffkandidaten in der dritten und letzten Phase der Entwicklung
vor dem Zulassungsverfahren.

Auch bei den Therapeutika für Menschen, die an Covid-19 erkrankt
sind, gibt es binnen eines Jahres vielversprechende Fortschritte.
465 Wirkstoffe waren Anfang Juni 2021 in Phase II (plus 168 Prozent
seit Juni 2020) oder III (plus 135 Prozent) und somit nahe an der
Zulassung. Es handelt sich hierbei um neue Wirkstoffe und auch
Medikamente, die bereits gegen andere Krankheiten im Einsatz sind.

Alle der 21 untersuchten Pharmariesen sind auch in Österreich
tätig bis auf Otsuka. Die anderen sind AbbVie, Amgen Inc, Astellas
Pharma, Astra Zeneca, Bayer, Biogen, Boehringer Ingelheim,
Bristol-Myers Squibb, Eli Lilly and Co., Gilead Sciences,
GlaxoSmithKline, Johnson & Johnson, Merck & Co, Merck KGaA,
Novartis, Novo Nordisk, Pfizer, Roche, Sanofi und Takeda
Pharmaceutical.

(Apa/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.