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Der Lockruf des libyschen Erdöls

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Warum auch bei der zweiten Berliner Libyen-Konferenz der Appell an ausländische Mächte, ihre Kämpfer aus Libyen abzuziehen, vermutlich ungehört verhallen wird.

Eine Demonstration der neuen Einheit in Libyen sollte es werden: Wenige Tage vor einer Libyen-Konferenz am Mittwoch in Berlin gab Abdulhamid Dbeibah, Chef der Übergangsregierung in Tripolis, die Küstenstraße vom westlibyschen Misrata über die Frontlinie des Bürgerkriegs in die Hafenstadt Sirte offiziell für den Verkehr frei. Mit einem Bagger beseitigte der Premier einen Checkpoint. Eine wichtige Verbindung in dem gespaltenen Land sei wieder hergestellt, verkündete er. Doch aus der geplanten Einheitsparty wurde nichts. In der Nähe von Sirte weigerten sich Truppen des Rebellengenerals Khalifa Haftar, ihre Blockade der Straße aufzuheben. Dbeibah musste umkehren.
Kurz vor der Berliner Konferenz zeigte Dbeibha damit unfreiwillig, wie schwach seine Regierung ist, die im Frühjahr nach Verhandlungen unter dem Dach der UNO gebildet wurde. In Libyen wird derzeit zwar nicht gekämpft, doch die Teilung zwischen dem Westteil des Landes, in dem Dbeibahs Regierung ihren Sitz hat, und dem von Haftar beherrschten Osten besteht fort. Auch mehrere internationale Mächte mischen weiter in Libyen mit.

Wahlen im Dezember geplant

Dbeibah soll landesweite Wahlen im Dezember vorbereiten. Damit soll der Konflikt in Libyen, das seit dem Sturz von Diktator Muammar Gaddafi vor zehn Jahren keine einheitliche Regierung mehr hat, beendet werden. Die EU will zudem die Flucht Zehntausender Menschen von Libyen nach Italien stoppen.
Ob der Prozess Erfolg haben wird, ist fraglich, meint Emaddedin Badi, Libyen-Experte bei der US-Denkfabrik Atlantic Council. Die Interessen der beteiligten Länder würden vor den Wahlen im Dezember „unweigerlich kollidieren“, sagte Badi der „Presse“.
Diese widerstrebenden Interessen dürften auch die Berliner Libyen-Konferenz prägen. Die UNO und Deutschland wollen zum zweiten Mal alle wichtigen Akteure des Konflikts an einen Tisch bringen. Im Jänner 2020 endete die erste Berliner Konferenz zu Libyen mit dem Beschluss, Waffenlieferungen in das nordafrikanische Bürgerkriegsland einzustellen. Sowohl die Türkei als Unterstützerin der damaligen Einheitsregierung in Tripolis als auch Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die auf Haftars Seite stehen, ignorieren jedoch das Konferenzergebnis.
Auch der damalige Appell der Berliner Konferenz an die internationalen Akteure, ihre Truppen aus Libyen abzuziehen, verhallte ungehört. Die Türkei argumentiert beispielsweise, dass ihre Truppen und syrische Milizionäre auf Einladung der damaligen libyschen Regierung entsandt worden sind und deshalb nicht als „ausländische Kämpfer“ zählen. Russland lehnt die Verantwortung für den Einsatz von Söldnern der Kreml-nahen Sicherheitsfirma Wagner ab. Insgesamt sind schätzungsweise 20.000 ausländische Soldaten und Milizionäre in Libyen stationiert.

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