Glosse

Die Angst vor dem Regenbogen

Die Allianz-Arena kann auch in Regenbogen-Farben erstrahlen - wie hier auf einem Archivbild im Jänner. Bei der EM darf sie das aber nicht.
Die Allianz-Arena kann auch in Regenbogen-Farben erstrahlen - wie hier auf einem Archivbild im Jänner. Bei der EM darf sie das aber nicht.Pool via REUTERS
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Friede, Freiheit, Gleichberechtigung, Toleranz und Akzeptanz. Total politisch das alles. Die Furcht der Uefa vor der Münchener Stadionbeleuchtung ist nicht nachzuvollziehen.

Ein Topf voll Gold steht für den europäischen Fußballverband am Ende des EM-Regenbogens - dank Vermarktung und TV-Rechte. Doch den Regenbogenfarben, denen steht man in der Uefa offenbar skeptisch gegenüber. Nur nicht politisch anecken, ist das Credo der Fußball-Funktionäre. Präziser ausgedrückt: Nur ja kein taktisches Foul an einem der Mitgliedsländer begehen. Niederknien als Zeichen der Solidarität für die „Black Lives Matter"-Bewegung? Kein Problem. Wunderbar. Auch andere Fairplay- und Anti-Rassismus-Initiativen der Uefa werden lobenswerterweise prominent in TV-Spots von Fußball-Stars getrommelt. Lobenswert.

Doch die Beleuchtung des Münchener Stadions beim Match der Deutschen Mannschaft gegen Ungarn in Regenbogenfarben heute Abend - das geht dann zu weit? Das Argument der Uefa: Das von München (inklusive Oberbürgermeister) angestrebte Statement für die Rechte von Menschen mit anderer sexueller Orientierung als jene der Mehrheit, bzw. mit anderer Geschlechtsidentität, könnte als direkter politischen Angriff auf Ungarn verstanden werden. Dort hat das Parlament gerade ein Gesetz verabschiedet, das Kinder vor Pädophilen „schützen" soll. Der Zweck, die Überschrift mag ja noch unterstützenswert sein. Doch konkret geht es darum, jegliche Inhalte, in denen etwa schwule, lesbische, Transgender-, queere, asexuelle, pansexuelle, bisexuelle Themen behandelt werden, für Jugendliche zu zensieren.

Und das ist ein ernsthaftes Problem in zweierlei Hinsicht: Hier wird einerseits Pädophilie etwa mit Schwul- oder Lesbischsein in Verbindung gebracht und andererseits Tausenden jungen Menschen das Recht auf Information, Akzeptanz, Selbstbestimmung genommen. Dabei ist die Selbstmordrate unter Jugendlichen, die sich nicht als heterosexuell identifizieren oder sich nicht dem bei der Geburt festgelegten Geschlecht zugehörig fühlen, ohnehin um einiges größer. Und nun wird diesen jungen Menschen in Ungarn (sowie bereits in Russland geschehen) der Zugang zu Information genommen, die dabei helfen könnte, die eigenen Gefühle einordnen, verarbeiten und verstehen zu können.

Die bunten Farben des Regenbogens wären (noch dazu im Pride-Month Juni, in dem jede Wiener Bim bunt beflaggt ist) ein Zeichen an viele Menschen in Ungarn und auf der ganzen Welt: Ihr seid ein Teil unserer (Fußball-)Gemeinschaft. Sind Akzeptanz und Toleranz politische Botschaften, über die man diskutieren muss?

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