Köstinger, Moser, Blümel, Sobotka: Im U-Ausschuss geht es ab heute prominent zu. Die ÖVP nimmt es gelassen und liebäugelt mit einer Wahrheitspflicht für Fragesteller.
Der Befragungsreigen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Affären Ibiza/Glücksspiel beginnt in dieser Woche mit türkiser Prominenz. Neben Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ist heute, am Mittwoch, dem ersten Befragungstag, auch Ex-Justizminister Josef Moser als Auskunftsperson geladen. Sollte es sich zeitlich ausgehen, wird auch der Kommunikationsberater Daniel Kapp an die Reihe kommen. Für die nachfolgenden Termine haben Finanzminister Gernot Blümel und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sowie Ex-Öbag-Vorstand Thomas Schmid eine Ladung erhalten.
Warum sind sie hier? Köstinger war vor ihrer Tätigkeit als Ministerin auch Generalsekretärin in der türkis-blauen Koalition. Zudem zählt sie zu den engsten Vertrauten von Bundeskanzler Sebastian Kurz und soll das „Projekt Ballhausplatz“ mitgestaltet haben. Diesen Namen trägt ein Strategiepapier, in dem der Sturz des damaligen ÖVP-Obmanns Reinhold Mitterlehner und die Übernahme der Partei durch Kurz vorgesehen war. Überdies dürfte die Kärntnerin auch zu Vertragsvergaben an PR-Firmen befragt werden. Moser erwarten indes Fragen zur Situation der Justiz im Land. Konkret: zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), mit der die Volkspartei seit Monaten im Unfrieden liegt.
Blümel wiederum muss schon zum dritten Mal kommen - wobei sich seine Rolle verändert hat. Mittlerweile wird er von der WKStA als Beschuldigter geführt, für den freilich die Unschuldsvermutung gilt. Der Hintergrund: Der Glücksspielkonzern Novomatic soll bei ihm interveniert haben, sich in Italien gegen eine für Novomatic anstehende Steuerzahlung einzusetzen. Blümel soll das an Kurz weitergetragen haben, dieser traf eine Woche später Regierungsvertreter Italiens. Sowohl Blümel als auch Kurz bestreiten die Intervention.
Der Kanzler selbst soll übrigens am 1. Juli im U-Ausschuss befragt werden. Gegen ihn wird wegen Falschaussage im U-Ausschuss ermittelt. Er gab an, nicht in die Bestellung von Öbag-Chef Thomas Schmid involviert gewesen zu sein. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.
ÖVP fordert Wahrheitspflicht für Fragesteller
Noch vor dem Beginn der Befragungen thematisierte die ÖVP einmal mehr das Thema Wahrheitspflicht im U-Ausschuss. Sie möchte im Zuge einer allfälligen Geschäftsordnungsreform für parlamentarische U-Ausschüsse diese auch für die Fragesteller einführen, gab Andreas Hanger bekannt. Möglichen TV-Übertragungen der Sitzungen stehe man ebenfalls offen gegenüber, um eine „andere Kultur“ in den Untersuchungsausschuss zu bekommen. „Wir brauchen Ausgewogenheit zwischen demjenigen, der befragt wird und den Fragestellern selbst“, argumentierte Hanger.
Der Vorstoß kann als durchaus überraschend angesehen werden, denn: Noch im April hatte der U-Ausschuss-Vorsitzende, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, via „Puls 24“ gemeint: „Bei uns hat jede Person, die Auskunftsperson ist, eine ungeheure Sorge, dort etwas Falsches zu sagen, weil sie dort unter Wahrheitspflicht steht. In Deutschland gibt es das nicht“, plädierte er dafür, die Abschaffung der Wahrheitspflicht zu überlegen - und erhielt bald darauf Unterstützung von Köstinger: „Wenn jeder Nebensatz verdreht werden kann und jeder das Gefühl hat, kurz vor der Anzeige zu stehen, dann hilft das auch relativ wenig, um zu Informationen zu kommen.“
(hell)