Glosse

Frag die Wahrheit!

Wie genau soll das geschehen - nur "wahrheitsgemäße Fragen" an die Auskunftsperson zu richten?
Wie genau soll das geschehen - nur "wahrheitsgemäße Fragen" an die Auskunftsperson zu richten?(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Die ÖVP will im U-Ausschuss eine Wahrheitspflicht für Fragesteller einführen. Das wirft aber erst recht Fragen auf.

Zuletzt hatten ÖVP-Vertreter noch die Abschaffung der Wahrheitspflicht für Auskunftspersonen im U-Ausschuss angedacht. Nun aber ist der Partei die Wahrheit wieder ein Anliegen. Und zwar ein so großes, dass ihr Fraktionsführer im U-Ausschuss, Andreas Hanger, jetzt eine Wahrheitspflicht auch für die fragestellenden Abgeordneten im Ausschuss fordert. „Wir brauchen Ausgewogenheit zwischen demjenigen, der befragt wird, und den Fragestellern selbst“, argumentiert Hanger. Sonst gebe es nämlich Inszenierungen, „wie wir sie schon hatten“.

Nur wie soll so ein U-Ausschuss mit wahrheitsgemäßen Fragen dann ablaufen?
- „Haben Sie Schmiergeld bekommen, Herr Minister?“
- „Die Frage ist nicht wahrheitsgemäß gestellt, daher muss ich sie nicht beantworten!“

Eine Frage hat es nun einmal an sich, dass sie die Wahrheit noch nicht kennt. Um diese herauszufinden, wird man bis zu einem gewissen Grad auch Mutmaßungen in den Raum stellen müssen, ansonsten kann man mangels Frage gar nichts herausfinden. Genauso, wie es das Recht der Auskunftsperson ist, diese Mutmaßungen dann entschieden zurückzuweisen.

Sollte ein Abgeordneter wiederum in der Einleitung zur Fragestellung jemanden verleumden („Jeder weiß ja, dass Sie korrupt sind, von wem haben Sie das Geld also bekommen?“), ist das schon jetzt strafbar. Vor einer Anklage wegen Verleumdung schützt übrigens auch die parlamentarische Immunität nicht.

Bei verwirrend formulierten oder verbotenen Fragen (über den Untersuchungsgegenstand hinaus) soll der Ausschussvorsitz einschreiten. Sonst aber hat es schon einen Sinn, wenn für den Befragten strengere Regeln als für den Fragesteller gelten. Nämlich, um die Wahrheit herauszufinden – denn da zählen die Antworten mehr als die Fragen.

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