Nach dem Fund der sterblichen Überreste von 251 Kindern auf dem Gelände einer ehemaligen Schule erschüttert neuerlich die Entdeckung eines Massengrabs Kanada. Bei den 761 Toten dürfte es sich wieder hauptsächlich um Kinder handeln.
In Kanada sind auf einem Gelände in der Nähe eines früheren katholischen Internats für Kinder von Ureinwohnern die Überreste von 761 Menschen entdeckt worden. Es dürfte sich dabei zum Großteil um Kinder handeln.
Dies teilte der Chef der indigenen Gemeinschaft Cowessess, Cadmus Delorme, am Donnerstag mit. In früheren Jahrzehnten waren zahlreiche indigene Kinder in Heime gesteckt worden, um ihre Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu erzwingen.
Bereits am Mittwoch hatte die Föderation souveräner indigener Nationen (FSIN) mitgeteilt, dass auf dem Gelände der Marieval Indian Residential School in der Provinz Saskatchewan „hunderte Gräber“ entdeckt wurden. So viele nicht gekennzeichnete Gräber seien bisher noch nie gefunden worden, erklärte die FSIN.
Es handele sich um ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit, eine Aggression gegen die First Nations", wird Bobby Cameron von der Föderation souveräner indigener Nationen von der „New York Times“ zitiert. „Das einzige Verbrechen, das diese Kinder begangen haben, war, als Indigene geboren zu werden“, sagte er.
Cameron forderte die Regierung und die Kirche zur Zusammenarbeit auf. "Wir werden mehr Leichen finden und wir werden nicht aufhören, bis wir alle Kinder gefunden haben."
Vatikan wegen Funden unter Druck
Die Massengräber sorgten landesweit für Erschütterung. UNO-Menschenrechtsexperten forderten eine umfassende Aufklärung. Forderungen an den Vatikan, sich zu entschuldigen und Dokumente zu den Vorgängen herauszugeben, blieben zunächst unbeantwortet.
Auch Cadmus Delorme erneuerte am Donnerstag seine Forderung an Papst Franziskus, sich zu entschuldigen. Die römisch-katholische Kirche müsse endlich Verantwortung für ihre Taten übernehmen.
Zur Anpassung an die Kultur der Weißen gezwungen
In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie zur Anpassung an die Kultur der Weißen zu zwingen. Nach bisherigen Angaben starben damals mindestens 3200 dieser Kinder, die meisten angeblich an Tuberkulose.
Kinder von Familien getrennt
In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu zwingen. Viele von ihnen wurden in den Heimen misshandelt oder sexuell missbraucht. Nach bisherigen Angaben starben mindestens 3.200 dieser Kinder, die meisten an Tuberkulose.
Nach der Entdeckung der Kinderleichen in Kamloops wurden in ganz Kanada mit Unterstützung der Behörden Ausgrabungen in der Nähe ehemaliger Schulen für Kinder von Ureinwohnern vorgenommen, darunter auch in dem Dorf Marieval. Dort gab es von 1899 bis 1997 ein katholisches Internat für indigene Kinder. Es wurde zwei Jahre später abgerissen und durch eine normale Tagesschule ersetzt.
Viele indigene Gemeinschaften machen die Heime, die ganze Generationen geprägt haben, heute für soziale Probleme wie Alkoholismus, häusliche Gewalt und erhöhte Selbstmordraten verantwortlich. Ottawa entschuldigte sich im Jahr 2008 offiziell bei den Überlebenden der Internate. Sie seien Opfer eines "kulturellen Genozids", stellte eine Untersuchungskommission im Jahr 2015 fest.
(APA/AFP)