Interview. Nach dem Krisenjahr 2020 blickt Andreas Brandstetter, CEO der UNIQA Insurance Group, positiv in die Zukunft. Nach dem Motto „Never waste a crisis“ beschleunigt die Unternehmensgruppe ihren Transformationsprozess nach Corona.
Das Krisenjahr 2020 wird vielen von uns bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben. Pandemie, 7-Tage-Inzidenz, effektive Reproduktionszahl, Lockdown, Home-Office, Homeschooling oder gar Triage – die Liste möglicher Unwörter des Jahres ist lange. Welche Überschrift trägt Ihr Rückblick?
Andreas Brandstetter: 2020 war für mich persönlich mit vielen Sorgen und Fragen verbunden: Können wir unsere 15 Millionen Privat- und Firmenkunden gut genug schützen? Tun wir für sie alles, was möglich ist? Und wie gehen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den hohen Belastungen um? Die Welt war auf so einen drohenden oder regional eingetretenen Kollaps von Gesundheitssystemen nicht vorbereitet oder wurde zumindest überrascht. Natürlich hat die Wissenschaft schon lange gewarnt. Aber auf einmal war er da, der Überraschungsgast Covid-19 – ein äußerst unberechenbarer, gefährlicher „schwarzer Schwan“. Wie schnell die Ausbreitung der Krankheit erfolgen und wie heftig damit Systeme ins Wanken geraten würden, haben wir insgesamt unterschätzt. Einzelne Schicksale im Freundes- und Bekanntenkreis haben mich auch persönlich sehr betroffen gemacht. Jeder Tag, an dem mehr und mehr Menschen auf der ganzen Welt immunisiert sind, ist in diesem Sinne also ein guter Tag!
Welche langfristigen Auswirkungen wird Corona haben? Was können wir aus der Krise lernen?
Im Privaten: Achtsam und wertschätzend bleiben. Es im Kopf behalten, wie wichtig und unersetzbar persönliche Beziehungen, Freundschaften und Familie sind. Im Geschäftlichen: Never waste a crisis. Wir bleiben mutig, optimistisch und werden unsere Zukunft aktiv gestalten. Aus Erfahrungen und Learnings werden Beschleuniger für gute Veränderung. Wir haben deshalb unser neues Strategieprogramm „UNIQA 3.0 – Seeding the future“ bewusst bereits direkt im Coronajahr 2020 präsentiert: Solides Wachstum, Kosten senken, Investitionen in disruptive Geschäftsmodelle, steigende Dividende pro Aktie. Und im Mittelpunkt: Unsere Kundinnen und Kunden dabei unterstützen, in jeder Hinsicht gesünder und besser zu leben.
ZUR PERSON
Andreas Brandstetter ist seit 2011 Vorstandsvorsitzender von UNIQA Insurance Group AG. Bevor er ab 1997 in der Versicherungswirtschaft in unterschiedlichen Gebieten arbeitete, leitete er das EU-Büro des Österreichischen Raiffeisenverbands in Wien und Brüssel. Von 1993 bis 1995 war er in politiknahen Bereichen tätig. Brandstetter promovierte 1994 in Politikwissenschaft an der Universität Wien, hält einen Executive MBA der California State University, Hayward/ IMADEC, und absolvierte Weiterbildungsprogramme an der Stanford Graduate School of Business und der Harvard Business School. Seit 2018 ist er Präsident von Insurance Europe, der Interessenvereinigung der europäischen Versicherungsverbände. Andreas Brandstetter, geboren 1969, lebt in Wien und ist Vater von drei erwachsenen Kindern.
Das heißt, Ihr Ausblick in die Zukunft ist durchaus positiv?
Ja, eindeutig. Wir haben das Krisenjahr 2020 genutzt, um alles auf den Kopf zu stellen: Wir haben um eine Milliarde Euro profitables Geschäft vom Mitbewerb in CEE zugekauft und unsere Firmenstruktur grundlegend verändert. Trotz einmaliger Sonderbelastungen von 240 Millionen Euro haben wir ein Ergebnis vor Steuern von 57 Millionen Euro erwirtschaftet und unseren Eigentümern eine Dividende bezahlt. Das erste Quartal 2021 war eines der besten unserer Unternehmensgeschichte. Das gesamte Uniqa Team hat gerade in den letzten 16 Monaten unglaubliche Arbeit geleistet. 95 Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren quasi von heute auf morgen im Home-Office und haben unsere Kundinnen und Kunden weiterhin umfassend betreut. Unser Krisenteam hat täglich die Situation evaluiert, um die jeweils erforderlichen Schritte zu setzen. Jede und jeder einzelne hat dazu beigetragen, dass wir so gut durch die Krise gekommen sind. Der ganze Vorstand und ich sind super stolz auf unser Team.
Die größten Versicherer sprechen immer wieder von Megatrends, die ihr Geschäftsmodell in den kommenden Jahren nachhaltig verändern werden. Themenbereiche wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit werden zunehmend wichtiger. Wie ist Uniqa in diesen Bereichen aufgestellt?
Sehr gut, davon sind wir überzeugt. Die Veränderungen für unsere Branche werden in den kommenden zehn Jahren umfassender sein als jene der letzten 100 Jahre. Unser Strategieprogramm 3.0 umfasst in einem bleibenden Niedrigzinsumfeld deswegen nicht nur eigene „Hausaufgaben“, sondern ist auch die Antwort auf gesamtgesellschaftliche Megatrends wie ökonomische Machtverschiebungen, demografischer Wandel, weitere Urbanisierung, schnelle technologische Entwicklungen und Nachhaltigkeit. Die Digitalisierung bringt große Chancen, aber auch schwierige Umbrüche in Gesellschaft und Wirtschaft. Branchenfremde Konkurrenten verschärfen den Wettbewerb, Digitalisierung kennt keine Grenzzäune mehr zwischen unterschiedlichen Industrien.
Wir arbeiten deshalb an Optimierungen in der direkten Interaktion mit unseren Kundinnen und Kunden und in der Entwicklung von Produkten. Die aufmerksame Beratung und Betreuung unserer Kundinnen und Kunden ist das wichtigste – ob auf persönlichem oder digitalem Weg. Im Bereich der Nachhaltigkeit kennen wir die „Partycrasher“ bereits: knapper werdende Ressourcen und natürlich der Klimawandel. Hier geht es nicht mehr um einzelne, symbolische Maßnahmen, sondern um den notwendigen tiefgreifenden Wandel. Nachhaltigkeit umfasst bei Uniqa deswegen die ganze Firma und alle Unternehmensbereiche.
Kann man sagen, dass ohne Nachhaltigkeit nichts mehr geht?
Ja, so ist es. Gelebte Nachhaltigkeit ist für uns der einzige Weg, unseren nächsten Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Wir werden mit allen Kräften mithelfen, die Transformation zu einem ressourcenschonenden Wirtschaften zu beschleunigen. Gefordert ist mehr Nachhaltigkeit in allen Lebens- und Arbeitsbereichen, und das so rasch wie möglich. Als europäischer Versicherer tragen wir gesellschaftliche Verantwortung. Unsere Zukunft ist grün – ohne Wenn und Aber.
Betrifft das auch den Bereich der Investments?
Ja. Mit Staatsanleihen alleine lassen sich im Niedrigzinsumfeld auf Dauer keine ausreichenden Renditen für unsere Kundinnen und Kunden erwirtschaften. Wir investieren deshalb seit Jahren auch in andere Anlageklassen, zum Beispiel in Infrastruktur. Mehr und mehr fließt dabei in Grüne Assets wie Solaranlagen oder Windparks. Unsere Kundinnen und Kunden in der Lebensversicherung fragen diese Produkte auch immer stärker nach.
Sie wurden jüngst auf weitere drei Jahre zum Präsidenten von Insurance Europe – der Interessenvereinigung der europäischen Versicherer und Rückversicherer – gewählt. Welche Themen werden Ihre zweite Amtsperiode prägen?
Es gibt zwei besonders wichtige Themen: Das erste ist – vor dem Hintergrund des anhaltenden, schwierigen Niedrigzinsumfeldes – die Unterstützung des Green Deals der Europäischen Kommission. Ohne Europas Versicherungen wird er nicht funktionieren, denn wir managen Assets von über 10 Billionen Euro und diese Gelder müssen mehr und mehr in grüne Investments fließen. Dazu brauchen wir aber klare Regelungen, was als wirklich nachhaltig gilt und was nur eine grüne Fassade ist. Das zweite Thema ist die nach wie vor große Unterversicherung in Europa bei Naturkatastrophen – die sich aufgrund des Klimawandels erhöhen werden –, bei Cyber-Risken und bei der privaten Pensionsvorsorge. Vor allem letzteres, also die Pensionsvorsorge, macht uns Kopfzerbrechen: Europas staatliche Pensionssysteme sind nicht in der Lage, alleine ein Altern in Würde und ohne Armut zu sichern. Dazu braucht es zusätzliche private Vorsorge, vor allem bei Frauen.
Sie sind seit zehn Jahren der Vorstandsvorsitzende der Uniqa Gruppe. Wenn wir zehn Jahre und mehr in die Zukunft blicken: Was wird diese Zeit bringen?
Europas und Österreichs Gesellschaft wird sich stark verändern – über die Gründe haben wir eben gesprochen. Private Versicherungen haben die Möglichkeit und Verpflichtung, im Sinn ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung diesen Wandel der Gesellschaft zu begleiten: bei der privaten Vorsorge für Pensionen und Gesundheit, bei der Pflege und der Betreuung älterer Menschen und bei der Prävention im Gesundheitsbereich. In Zeiten von steigenden Unsicherheiten wollen Menschen, dass man sich ehrlich und aufmerksam um sie kümmert und dass sie vertrauen können. Die nächsten Jahre werden also gute Zeiten für gute Versicherungen sein.
UNIQA GROUP
Die UNIQA Group ist eine der führenden Versicherungsgruppen in ihren Kernmärkten Österreich und Zentral- und Osteuropa (CEE). Rund 23.500 Mitarbeiter und exklusive Vertriebspartner betreuen in 18 Ländern rund 15,5 Millionen Kundinnen und Kunden. In Österreich ist UNIQA mit einem Marktanteil von über 21 Prozent der zweitgrößte Versicherungskonzern. In der Wachstumsregion CEE ist UNIQA in 15 Märkten zu Hause: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Montenegro, Nordmazedonien, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Tschechien, Ukraine und Ungarn. Darüber hinaus zählen auch Versicherungen in der Schweiz und Liechtenstein zur UNIQA Group.
INFORMATION
Die Seiten „Comeback“ beruhen auf einer Medienkooperation mit der „Presse“ und sind mit finanzieller Unterstützung der UNIQA Insurance Group AG entstanden.