Gastkommentar

Ein dritter Weg im Umgang mit Lueger

Man kann jedenfalls nicht weiter so tun, als wäre das Lueger-Denkmal unsichtbar. Ein Vorschlag.

Robert Musils viel zitierter Satz über die Unsichtbarkeit der Denkmäler wurde vielfach widerlegt. Angesichts zahlreicher Auseinandersetzungen um die Zeichensetzungen im öffentlichen Raum lässt sich zeigen, dass Denkmäler zwar unsichtbar werden, wenn die politischen Konflikte, die ihrer Errichtung zugrunde liegen, erkaltet sind. Ihr Konfliktpotenzial lässt sich aber wieder entfachen, wenn sich die gesellschaftlichen Wertesysteme verschieben. So ist weitgehend unbekannt, dass sich das „Heldengedenken“ für die gefallenen Wehrmachtssoldaten erst Ende der 1940er-Jahre als symbolisches Entgegenkommen gegenüber den ehemaligen Nazis etabliert hat. Kriegerdenkmäler wurden zur unsichtbaren Folklore. Erst die Waldheim-Debatte öffnete 1986 die Augen für den paradoxen Umstand, dass in einem Land, das sich als „erstes Opfer“ Hitlers verstand, nicht das Gedenken an den Widerstand gegen das NS-Regime, sondern an die Wehrmachtssoldaten den öffentlichen Raum dominiert.

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Auch das Lueger-Denkmal war nur aus österreichischer Perspektive unsichtbar. Eine junge Kollegin aus Deutschland, Jahre vor den gegenwärtigen Protesten zum Studium nach Wien gekommen, war durchaus irritiert: Wie kann es sein, dass mitten in der Hauptstadt ein prominentes Denkmal für einen Politiker steht, der Hitler vorexerzierte, wie man mit Antisemitismus erfolgreich Politik macht.

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