Nach Wahldebakel

Rendi-Wagner: "Man hat mir immer wieder Steine in den Weg gelegt"

Mit 75 Prozent hat Pamela Rendi-Wagner das schlechteste Ergebnis aller SPÖ-Chefs ohne Gegenkandidaten erzielt.
Mit 75 Prozent hat Pamela Rendi-Wagner das schlechteste Ergebnis aller SPÖ-Chefs ohne Gegenkandidaten erzielt. Die Presse
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Die SPÖ-Chefinwill weitermachen, obwohl auch ihr das schlechte Ergebnis vom Bundesparteitag zu denken gibt. Auch fragt sie sich, warum ihre Kritiker nicht vor den Vorhang treten und sich öffentlich zu ihrer Unzufriedenheit äußern.

„Nach so einem Ergebnis bin nicht nur ich erstaunt und mache mir meine Überlegungen, so geht es drei Viertel aller Delegierten“, sagte Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) am Montag nach dem Bundesparteitag. Dort wurde sie von nur 75 Prozent der rund 600 Delegierten in ihrer Funktion als Parteivorsitzende wiedergewählt - und hat damit für ein historisch schlechtes Ergebnis einer Vorsitzwahl der Sozialdemokraten ohne Gegenkandidaten gesorgt. 

„Man kann jetzt spekulieren, man kann mutmaßen, ich werde mich den Mutmaßungen nicht anschließen“, sagte die SPÖ-Chefin im Ö1-"Morgenjournal“ darüber, wer ihr die Stimme verweigert hatte.  Angesprochen auf eine etwaige konzertierte Aktion, die freilich dementiert wird, meinte sie in Richtung „aller Kritikerinnen und Kritiker", die meinten, es ginge „eine Unzufriedenheit durch die Partei": „Ich frage mich, wo waren die am Samstag? Warum sind die nicht vor dem Vorhang getreten?“ Als höchstes Parteigremium wäre dort der „richtige Zeitpunkt“ gewesen, um darüber zu diskutieren. „Das ist der Sinn des Zusammenkommens", so die Parteichefin.

„75 Prozent reichen, um die Partei zu führen"

Auch habe es „kein gutes Bild" gemacht, dass Delegierte am Nachmittag frühzeitig den Parteitag verlassen haben - noch vor der Abstimmung über die Anträge zur Statutenreform. „Das soll so nicht sein und das muss auf jeden Fall nachbesprochen werden.“ Dennoch sieht sie das Ergebnis als „klaren Auftrag“, weiterzumachen. Schließlich hätte die stärkste Partei bei der Nationalratswahl 37 Prozent erreicht, „und wenn 37 Prozent reichen, ein Land zu regieren und zu führen, dann denke ich, dass 75 Prozent reichen, die SPÖ zu führen“.

Mit „voller Kraft und aus voller Überzeugung“ werde sie ihre Arbeit fortführen. Gerade jetzt brauche es eine Sozialdemokratie, die sich den sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Corona widme. Außerdem, so Rendi-Wagner, hätte sich dieses Land „mehr verdient" als „eine türkise Elitetruppe, die nicht mehr als den eigenen Machterhalt kennt“. Aber: „Das geht nur gemeinsam und in voller Stärke."

Sie merkte an diesem Punkt an, dass sie die Partei in einer schwierigen Phase übernommen hat. „Damals wollte niemand, wirklich niemand die Verantwortung übernehmen“. Immer wieder hätte man ihr in den letzten Jahren Steine in den Weg gelegt. „Aber ich habe die Steine weggeräumt, ich bin weitergegangen - aus Überzeugung und voller Kraft, die Sozialdemokratie weiterzubringen“. Die Partei habe sich erholt, in den Umfragen hätte sie wieder dazugewonnen und mehr Vertrauen in der Bevölkerung bekommen. „Diesen Weg sollten wir gemeinsam gehen“, betonte die SPÖ-Vorsitzende.

„Letztklassiges“ und „feiges" Verhalten

Mit Unverständnis reagieren auch viele Ländervertreter der Partei. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser wollte den Parteitag, bei dem er nicht persönlich anwesend war, am Montag vorerst nicht kommentieren. Die Kärntner Landespartei werde die Situation aber in einer extra dafür einberufenen Parteivorstandssitzung nächsten Montag analysieren.

Heftige Kritik übte der steirische Landesparteichef Anton Lang, der das Verhalten der Delegierten als "letztklassig" bezeichnete. "Es ist doch einfach letztklassig, wenn bei ihrer Rede alle applaudieren und in der Wahlkabine dann ein Streichkonzert veranstaltet wird. Das finde ich stillos", sagte er gegenüber "Kronen Zeitung" und "Kleine Zeitung". Das Verhalten erinnere ihn an Menschen, die "nachts vor dem Computer sitzen und unter dem Deckmantel der Anonymität kritische Kommentare posten". Ihm sei es ein Rätsel, wie es überhaupt dazu gekommen sei, denn es habe genug Raum für Diskussionen gegeben. Man hätte Vorbehalte ansprechen und Rendi-Wagner damit die Chance geben können, darauf zu antworten.

Von einer „Feigheit“, die „wehtut“, spricht auch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch im ORF-Radio. „Weil sie nicht die Eier haben, das offen auszusprechen und sagen, ich bin mit dieser Zielsetzung nicht einverstanden und ich hab eine andere Vorstellungen“. Auch die oberösterreichische Landesparteichefin Birgit Gerstorfer findet es „schade“, dass die Kritiker nicht offen kommuniziert haben.

„Selbstreflexion“ und Diskussionsbedarf

Für die burgenländische Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf ist die Entscheidung "zur Kenntnis zu nehmen". Sie sieht bei der SPÖ derzeit keine Obmanndebatte. Es gehe nun ohnehin in erster Linie darum, dass die SPÖ gestärkt in die nächste Wahlauseinandersetzung gehe. Wer die Partei dann anführen wird, darüber zu diskutieren, sei eine normale Vorgangsweise.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil, der sich selbst aus den Gremien zurückgezogen und am Parteitag als einfacher Delegierter teilgenommen hat, appelliert „an alle Beteiligten, und da schließe ich mich nicht aus“, in die Selbstreflexion zu gehen - „und sich selbst zuerst ein bisschen hinterfragen und dann die Dinge neu zu diskutieren."

(Red./APA)

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