Ragweed

Allergie im Dickicht der Realpolitik: Gesetz gegen verlängerte Pollensaison

Common ragweed
Common ragweed(c) De Agostini via Getty Images (DE AGOSTINI PICTURE LIBRARY)
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Tränende Augen, Juckreiz, Asthma – Ragweed, einem hoch-allergenen Unkraut, wird nun mit einem burgenländischen Landesgesetz der Kampf angesagt.

Seit einigen Jahren wird in immer größer werdenden Gebieten Ostösterreichs die Pollen-Saison verlängert. Das liegt vor allem am Traubenkraut, das sich zwischen den Kompetenzen der Länder und des Bundes im Burgenland, Niederösterreich und Wien ausbreitet. Funde werden auch aus der südlichen Steiermark und aus Kärnten gemeldet. Die Samen des Unkrauts (bekannt auch unter dem Namen „Ragweed“) sind äußerst langlebig, die Blüte beginnt Ende Juli/Anfang August und verlängert damit die Allergie-Saison um Monate.

Eine Studie des Floridsdorfer Allergiezentrums, der Abteilung Raumplanung und Umwelthygiene der niederösterreichischen Landesregierung kommt zum Schluss, dass jeder zehnte Allergiker auch auf Ragweed allergische Reaktionen zeigt; die Sensibilisierungsrate hat sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Die Studie stammt aus dem Jahr 2009 – deshalb gehen Experten davon aus, dass mittlerweile die Gesundheitsbelastung deutlich ausgeprägter ist, denn in den Jahren seither hat sich Ragweed stark ausgebreitet. In Nordamerika und Ungarn leiden 60 bis 80% der Allergiker an den Folgen des Traubenkrauts.

Weiter geht's auf Autoreifen

Es ist eine „invasive Art“, die ihren Lebensraum vor allem aufgrund der Klimaerhitzung nach Österreich ausweitet. Die Samen sind drei Millimeter groß, haben Dornen und können deshalb durch Autoreifen oder Landmaschinen verbreitet werden. Das Kraut stammt ursprünglich aus Nordamerika.

Eine konzertierte Aktion gegen die Ragweed-Invasion hat es nicht gegeben. Sie ist im Dschungel der Kompetenzen hängen geblieben und konnte sich so durch all die Jahre hindurchwuchern. Naturschutz ist in Österreich ja Landessache, deshalb wäre es auf den ersten Blick ein Thema für die neun Landesregierungen. Andererseits fallen Allergien und Gesundheitsvorsorge zweifelsfrei in die Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums. Wenn nicht, ja wenn nicht „Ragweed“ eine von vielen invasiven Arten wäre, die grundsätzlich in einer EU-Richtlinie geregelt sind. Wiewohl bei EU-Recht die Republik Österreich in der Pflicht steht, fällt die Umsetzung dieser Richtlinie in den Wirkungsbereich des Umweltministeriums. Allerdings: Auf den Anhang der EU-Richtlinie hat es „Ragweed“ aus unerfindlichen Gründen bisher nicht geschafft, also sind administrativ dann doch wieder die Bundesländer am Zug.

Und auch dort verstrickt sich das Traubenkraut im Geflecht der Politik: Bereits vor zwei Jahren hat Burgenland ein Gesetz auf den Weg geschickt, in dem die Verpflichtung von Grundstückeigentümern festgeschrieben worden ist, „Ragweed“ zu bekämpfen – vorzugsweise durch Mähen oder durch Aussaat von Konkurrenzpflanzen. Der Gesetzesentwurf war im Landtag chancenlos, auch deshalb, weil Geldstrafen vorgesehen waren. Nun, eine Landtagswahl später, steht einer Beschlussfassung nichts mehr im Wege: Sie ist für Donnerstag geplant und enthält nun keine Strafbestimmungen mehr.

Die Zeit zwischen den beiden Entwürfen hat sich aber nicht nur wegen der Strafen so gezogen, sondern auch wegen der Zuständigkeiten. Denn einige Zeit ungeklärt blieb die Frage, wie der Ragweed-Ausbreitung auf Böschungen entlang von Straßen Einhalt geboten werden kann. Denn Straße ist nicht gleich Straße, es gibt Gemeindestraßen, Landesstraßen und Bundesstraßen; Schnellstraßen und Autobahnen sind dem Bund zugeordnet, für deren Betreuung (= Mahd) ist aber eine eigene Gesellschaft zuständig. Viele waren da ins Boot zu holen, Ragweed weitete sich weiter aus.

Die Speerspitze gegen invasive Arten bildet derzeit wohl die „viadonau“ – auch das eine vom Bund ausgelagerte Gesellschaft (Privatisierung der „Wasserstraßendirektion“, früher „Bundesstrombauamt", 2005). Die „viadonau“ pflegt eine Fläche von etwa 650 Hektar und 700 ha Waldfläche – und sagt dabei auch den invasiven Arten den Kampf an. Gegenüber Ragweed hat die „viadonau“ vorerst die Oberhand behalten, weil Wiesen regelmäßig gepflegt werden und die Grasnarbe gesund ist. Deshalb kämpft „viadonau"-Ökologin Barbara Becker mit ihren Kollegen derzeit gegen Ragweed eher am Rande, aber mit vollem Einsatz gegen den noch wüster wuchernden Staudenknöterich. Experimentiert wurde da schon mit flüssigem Stickstoff oder Bohrungen an den Wurzeln. Derzeit scheinen traditionelle Methoden am wirksamsten zu sein: Mähen und Abtransportieren oder Häkseln und Niederwalzen (mit einer eigens dafür konstruierten Maschine).

>> Ragweedfinder

>> Studie des Floridsdorfer Allergiezentrums und der niederösterreichischen Landesregierung über das allergene Potential von Ragweed

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