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In Kinderfilmen funktioniert der Otto-Humor noch

Catweazle
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Die närrischen Blödeleien von Otto Waalkes hat das Publikum satt, aber als Schauspieler bekommt er fantastische Rollen: In „Catweazle“ spielt er nun einen quirligen Magier.

Es gab eine Zeit, da es in Deutschland an der Tagesordnung war, die Kalauer, Wortspiele und Blödeleien von Otto nachzuäffen – eine schrullige Ära, in der seine Bücher und Schallplatten in jedem zweiten Regal der Bundesrepublik standen, seine Sketche und Shows den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beherrschten und ein Kinofilm von ihm („Otto – Der Film“) zum Guiness-Rekordhalter der erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten avancierte. Erst zum Millennium zeigte sich das Publikum von den Späßen des närrischen Ostfriesen übersättigt, der fünfte Teil der komplett auf ihn zugeschnittenen „Otto“-Filmreihe floppte. Dafür entdeckte ihn Regisseur und Drehbuchautor Sven Unterwaldt als perfekte Besetzung des kindischen Wichtelmännchens in seiner „7 Zwerge“-Saga, in der sich der Alleinunterhalter die Credits erstmals mit jüngeren Komikerkollegen teilen musste.

Genau genommen hätte es für Otto Waalkes an diesem heiklen Punkt seiner späten Karriere aber nicht besser laufen können: Statt in alle Ewigkeit den verbrauchten Kasperl in schlechten Fernsehshows zu geben, würdigte ihn Unterwaldt mit fantastischen Rollen in seinen originellen Familienkomödien: In „Hilfe, ich habe meine Lehrerin geschrumpft“ (und einem Sequel) brillierte der notorische Zappelphilipp als schelmischer Geist, in „Catweazle“ verkörpert er nun einen quirligen Magier aus dem Mittelalter, der durch einen missglückten Zaubertrick ins Jahr 2020 gelangt.

Obwohl die gelungene Neuverfilmung der britischen Erfolgsserie aus den 1970ern die künstliche Bonbon-Optik deutscher Unterhaltungsfilme aus jüngerer Zeit kopiert, überrascht der von Unterwaldt erbrachte Beweis, dass der klassische Otto-Humor heutzutage besser in Kinder- als in Erwachsenenfilmen funktioniert. Nicht etwa, weil das deutsche Comedy-Publikum seine infantile Phase überwunden hätte, aber weil es in seiner Liebe zum Klamauk inzwischen biederer und fantasieloser geworden ist, wie der Erfolg platter Beziehungskomödien von Til Schweiger oder Matthias Schweighöfer belegt, in denen der Blödelbarde wie eine glatte Fehlbesetzung wirken würde. Als überdrehter Sidekick von abenteuerlustigen Kindern hat der 72-Jährige jedoch eine Nische gefunden, die ihn weiter jung und unverbraucht wirken lässt.

Die Grimassen sind dezenter als sonst

Zugleich übt sich Otto in Zurückhaltung – seine üblichen Verrenkungen und Grimassen fallen dezenter aus, und er lässt dem 13-jährigen Jungdarsteller Julius Weckruf, der den Knaben Benny verkörpert, auf den Catweazle nach seinem Sprung in die Zukunft stößt, genug Raum zur Entfaltung. Kurz bevor es für den tollpatschigen Zeitreisenden keine Chance mehr zur Rückkehr in seine Epoche gibt, muss Benny dessen Zauberstaub aus den Klauen eines kleinstädtischen Historikers und einer gierigen Antiquitätenhändlerin (amüsant: Katja Riemann als herzlose Karrieristin) befreien – ohne das tausendjährige Fundstück kann dieser nicht zurück ins 11. Jahrhundert. Außerdem steht die Lösung eines Konflikts zwischen Benny und seinem Vater aus, der seit dem Tod der Mutter zum gefühlskalten Klotz mutiert ist.

Neben der unaufdringlichen Performance des Comedy-Urgesteins überzeugt auch die Hommage auf das fantastische US-Kino der 80er-Jahre, insbesondere die Kindheitsepen von Steven Spielberg: Mit „E. T.“ teilt „Catweazle“ nicht nur das Thema vom verlassenen Buben, der durch eine außergewöhnliche Begegnung von seinen familiären Traumata geheilt wird, sondern auch die Obsession für blendendes Licht. Taschenlampen strahlen durch dunkle Wälder, ein Running Gag dreht sich um das Wunder elektrischen Lichts, ein funkelnder Bergkristall besitzt magische Kräfte – und tatsächlich trug ein Otto-Film von 1989 den Untertitel „Der Außerfriesische“, als sei die wohlwollende Analogie kein nostalgisches Hirngespinst.

„Catweazle“: Ab Freitag im Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2021)

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