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In Deutschland endet die Pflicht zum Home-Office

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Wegen sinkender Infektionszahlen läuft Ende des Monats die Home-Office-Pflicht aus. In Österreich gab es so eine Pflicht nie.

In Deutschland geht eine Ära zu Ende. Ab Donnerstag, 1. Juli, gibt es keine Pflicht zum Home-Office mehr. Die Home-Office-Pflicht wurde von der Regierung wegen der Coronapandemie verhängt. Die „Corona-Arbeitsschutzverordnung“ besagt, dass Arbeitgeber überall dort, wo es möglich ist, Home-Office anbieten müssen. Sie enthält außerdem Schutzmaßnahmen für Beschäftigte, deren Anwesenheit im Unternehmen unverzichtbar ist. Von der Pflicht zum Home-Office war man nur entbunden, wenn zwingende betriebliche Gründe dem Home-Office entgegenstanden.

Die deutsche Wirtschaft begrüßt das Ende der Home-Office-Pflicht. Dieser „bürokratische Aktionismus“ sei ein überflüssiges Einmischen der Politik gewesen, sagte der Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. Die Unternehmen hätten in den vergangenen Monaten eigenverantwortlich, freiwillig und sehr zuverlässig in allen Branchen Home-Office ermöglicht. „Wir Arbeitgeber haben beim Home-Office geliefert, und das werden wir auch weiterhin tun, da, wo es interne wie externe Betriebsprozesse zulassen. Dafür brauchen wir keine Verordnung“, so Kampeter.

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, forderte indes eine dauerhafte Regulierung für das Arbeiten von zu Hause aus. Auch von der nächsten Regierung erwarte man hier ein Gesetzespaket, sagte er. Viele Beschäftigte wünschten sich für die Zukunft einen gesunden Mix aus Präsenzarbeit und der Möglichkeit, mobil arbeiten zu können. „Zu diesem gesunden Mix gehören aber klare Spielregeln, denn spätestens die Pandemie hat die schwerwiegenden Probleme im Home-Office sichtbar gemacht: überlange Arbeitszeiten und unbezahlte Mehrarbeit, permanente Verfügbarkeitserwartungen, eine wackelige Ausstattung oder digitale Überwachung.“ Hoffmann forderte einen Rechtsanspruch auf Home-Office oder mobiles Arbeiten, einen angemessenen Arbeitsschutz, eine „ordentliche Ausstattung“ und weitere Schritte hin zu mehr Mitbestimmung. „Klar muss auch sein, dass Home-Office nicht vom Arbeitgeber verordnet werden darf.“

Gute Erfahrungen mit Home-Office

In Österreich gab es nie eine Verpflichtung zum Home-Office. Unternehmen waren seit dem ersten Lockdown im März 2020 lediglich angehalten, auf Home-Office umzustellen, falls das möglich war. Deutschland war da strenger. Mit dem Ende der Home-Office-Plicht reagiert die Regierung nun auf die Entwicklung des Infektionsrisikos.

Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft befürwortet das: „Die Entscheidung, ob, in welchem Umfang und wann Beschäftigte ihre Aufgaben auch zu Hause erledigen können, kehrt nun folgerichtig dorthin zurück, wo sie hingehört: in das originäre Weisungsrecht der Arbeitgeber“, schreibt der Ökonom Oliver Stettes in einem Kommentar. Allerdings habe sich nach 16 Monaten Pandemie die Erwartungshaltung vieler Arbeitnehmer verändert. In vielen Betrieben hätten Beschäftigte und Arbeitgeber gute Erfahrungen mit dem Home-Office gemacht, selbst in Firmen, die früher befürchteten, dass die Zusammenarbeit im Home-Office schlechter funktioniere. Die große Herausforderung der kommenden Monate werde sein, „eine Balance zwischen den verschiedenen Ansprüchen zu finden“.

Beschäftigte müssten lernen, dass nicht jeder Wunsch umsetzbar sei. Und Unternehmen würden merken, dass die Formel „Weniger Leute im Büro gleich weniger Flächenbedarf“ nicht einfach aufgehe. Angemessene Lösungen für ein effizientes, räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten zu Hause könnten sehr verschieden ausfallen, einheitliche Lösungen seien meist unsinnig. (red./DPA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2021)

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