In seiner Bürgerfragestunde ging der Kreml-Chef auf die Coronakrise, soziale Missstände und Außenpolitisches ein. Abtreten will er nicht so bald – sein größtes Verdienst liege noch vor ihm.
„Es wird wie immer – unvorhersehbar“, versprach der Reporter des Staatsfernsehens vor dem „Direkten Draht mit Wladimir Putin“, der traditionellen Call-in-Sendung des russischen Präsidenten. Man hatte sich nach der zweijährigen coronabedingten Pause ein leicht geändertes Format einfallen lassen. Der Kreml-Chef war flankiert von zwei Moderatorinnen, die eine zweiwöchige Covid-Quarantäne absolviert hatten. Die Bürger konnten über eine spezielle App, „Moskau – Putin“, ihre Fragen direkt ins Studio schicken. Bis zum Beginn der Sendung waren es fast zwei Millionen Beiträge. „Warten wir ab, wer die Glückspilze sind“, sagte der Reporter bezüglich der Auswahl der Beiträge durch Putin.
Hilferufe verzweifelter Bürger
Die neuen technischen Kniffe (die einige Pannen produzierten) ändern nichts an der altbekannten Inszenierung: Die Fragen, Bitten und Hilferufe der Bürger sollen Putins Rolle als Problemlöser der Nation bekräftigen. Der Präsident inszeniert sich in populistischer Manier als volksnaher Ombudsmann, der die Interessen der kleinen Leute gegen die untätigen Beamten vertritt. Dabei versucht der Kreml-Chef trotz mehr als 20-jähriger Regierungszeit den Eindruck zu erwecken, für keinen der oft dramatischen Missstände verantwortlich zu sein, sie aber alle lösen zu können.