Je kleiner ein Unternehmen und je sporadischer es mit Großbritannien zu tun hat, desto höher die Hürden im Handel.
Wien. Dass zu einem echten britischen Nachmittagstee Spezialitäten wie Scones, Clotted Cream (dicker Rahm) Gurkensandwiches und Erdbeerkonfitüre gehören, weiß jeder Connaisseur der Teekultur. Wer hierzulande diesen kulinarischen Genuss möglichst originalgetreu zelebrieren möchte, hat es seit Jahresbeginn schwerer. Am 1. Jänner endete die Übergangsfrist, dank der Großbritannien nach dem vollzogenen Austritt aus der EU am 31. Jänner 2020 an den Binnenmarkt der Union angedockt blieb.
Seither werden britische Importe als Einfuhren aus einem Drittstaat behandelt, was Konsequenzen nach sich zieht – etwa beim besagten Five o'clock Tea: Teeaffine Hauptstädter konnten bis 2020 englische Clotted Cream beim Meinl am Graben erwerben. Seither musste die Wiener Feinschmecker-Institution allerdings umdisponieren und bezieht den Rahm mittlerweile nicht mehr aus Großbritannien, sondern aus Irland. Auch beim (ursprünglich englischen) Cheddarkäse habe man auf irische Lieferanten umgesattelt, berichtet Kristina Pawel von Meinl am Graben. Der Grund? Durch die Grenz- und Zollformalitäten seien die Verfügbarkeit der britischen Waren und ihre Kosten nicht mehr planbar. So warte man immer noch auf eine Anfang Mai getätigte Bestellung. „Bei den Christmas Puddings übersteigen aktuell die Kosten für Transport, Verzollung etc. den Warenwert“, sagt Pawel.
Unter diesen Bedingungen hat es wenig Sinn, die Ware im Sortiment zu behalten. Diese kaufmännischen Kalkulationen, die in der EU seit Jahresbeginn vielerorts getätigt wurden, spiegeln sich mittlerweile in der britischen Außenhandelsstatistik wider: So hat sich der Export von Lebensmitteln in die EU im ersten Quartal 2021 im Jahresvergleich beinahe halbiert – von 3,75 auf knapp zwei Mrd. Euro – während das Minus im gesamten Warenhandel deutlich kleiner ausfiel.